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Junichiro Koizumi steht und fällt mit der Privatisierung der Post

Foto: Reuters/Kurokawa
Tokio - Diese Runde hat Japans Premierminister Junichiro Koizumi knapp, aber doch gewonnen: Das Unterhaus im Parlament billigte vergangene Woche mit 233 Ja-Stimmen (gegen 228 Nein-Stimmen) die Vorlage für das Gesetz zur Privatisierung der Post. Nur fünf Stimmen entschieden also über das Prestigeprojekt Koizumis beziehungsweise über den Fortbestand seiner Regierung.

In den kommenden Wochen wird das Gesetz im Oberhaus, der zweiten Kammer im Parlament, debattiert. Dort verfügen die regierenden Liberaldemokraten gemeinsam mit dem Koalitionspartner New Komeito über eine knappe Mehrheit. Hinter der Postreform steht nicht nur eines der größten Privatisierungsprojekte, die - ohne Übertreibung - ein Staat je vollzogen hat. Denn bezogen auf das Vermögen von 350 Billionen Yen (2,6 Billionen Euro), entsteht damit die größte Bank der Welt.

Langzeitprojekt

Die Reform soll ab 2007 umgesetzt, zehn Jahre später abgeschlossen sein. Eine Holding mit vier Teilunternehmen (Spar-, Versicherungs-, Schaltergeschäfte und Zustellung) wird gebildet. Bei den Verhandlungen wurden an die Gegner viele Konzessionen gemacht. So ist "Privatisierung" relativ zu verstehen, weil sich der Staat mit 30 Prozent Anteil eine Sperrminorität behält.

Mit dem Durchdrücken der Privatisierung zieht der ehemalige Postminister Koizumi einen Stil durch, wie man das in seiner Partei bisher nicht gewöhnt war. Er bringt altgediente Parteigänger um ihren Einfluss, weil er nicht mehr mit den einzelnen Fraktionen Gesetzesvorlagen im Vorfeld akkordiert, sondern weil er diese in seinem Kabinett ausarbeiten lässt, um sie anschließend im Parlament abstimmen zu lassen.

In der Partei nimmt man ihm auch übel, dass er das Wählerpotenzial, das in der Post steckt, gefährdet: 260.000 Postbedienstete fürchten um ihre Arbeitsplätze. Dazu kommt, dass man am Postschalter nicht nur Briefmarken erhält, man zahlt dort seine Ersparnisse ein und schließt Lebensversicherungen ab. Das macht die Post zu einem einflussreichen Unternehmen mit 25.000 Filialen.

Die Reformer müssen noch eine zweite Abstimmung im Parlament überstehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2005)