Sarajevo - Kurz vor dem zehnten Jahrestag des Massakers von Srebrenica ist in der Nähe der ostbosnischen Gemeinde ein weiteres Massengrab entdeckt worden. Das Grab befinde sich rund zweieinhalb Kilometer außerhalb von Srebrenica und enthalte die Leichen von etwa hundert Opfern, teilte ein Vertreter der bosnischen Vermisstenkommission am Donnerstag mit. Sie seien in mehreren Schichten verscharrt worden. Etwa dreißig Leichen sowie Dokumente seien bereits geborgen worden.

"Sekundäres Massengrab"

Den Angaben zufolge handelt es sich um ein so genanntes sekundäres Massengrab, in das die Opfer gebracht wurden, nachdem die USA damals Satellitenbilder der ersten, wesentlich größeren Massengräber veröffentlicht hatten. Bisher wurden rund sechzig solcher Gräber entdeckt, weitere 20 werden noch in der Gegend vermutet.

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Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat angesichts des bevorstehenden 10. Jahrestags des Massakers in der ostbosnischen Stadt Srebrenica scharfe Kritik an den Behörden der bosnischen Serbenrepublik geübt. "Zehn Jahre nach dem Massaker warten viele Frauen von Srebrenica immer noch darauf, dass die Männer, die ihre Ehemänner und Söhne getötet haben, vor Gericht gebracht werden", kritisierte der Generalsekretär von ai-Österreich, Heinz Patzelt, in einer Aussendung am Freitag.

Am 11. Juli 1995 wurde die mehrheitlich von Bosniaken bewohnte "UNO-Schutzzone" Srebrenica von Truppen der bosnischen Serben eingenommen. Danach sollen bosnisch-serbische Soldaten schätzungsweise 8.000 Bosniaken, Männer und Jungen, getötet haben. Die mutmaßlichen Drahtzieher dieses Massakers, der damalige bosnisch-serbische Präsident Radovan Karadzic und der bosnisch-serbische General Ratko Mladic, sind trotz einer Anklage durch das UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag weiter flüchtig.

Transparent mit 8.106 Namen

Patzelt kritisierte, dass die Behörden der Republika Srpska bisher "keine einzige der vom Haager Tribunal angeklagten Personen festgenommen" hätten. "Im Gegenteil: Es ist sogar anzunehmen, dass einige der Verdächtigten, die immer noch in Freiheit sind, unter ihrem Schutz stehen."

Des Srebrenica-Massakers gedachte am Donnerstag auch die "Gesellschaft für bedrohte Völker" (GfbV) in Berlin. Mit einem 60 Meter langen Transparent mit 8.106 Namen und Geburtsdaten von Ermordeten zogen GfbV-Mitarbeiter und in Deutschland lebende Bosnier vom Brandenburger Tor zur Neuen Wache in der deutschen Hauptstadt, teilte die Organisation in einer Aussendung mit. (APA/AFP)