"Ein Terroranschlag auf London ist unvermeidbar. Es wäre ein Wunder, könnte die Stadt einer solchen Attacke entgehen." Das erklärten Londons Polizeichef Sir John Stevens und Oberbürgermeister Ken Livingston unisono – vor gut einem Jahr. Damals, kurz nach den blutigen Anschlägen auf Pendlerzüge in Madrid, war allen klar, dass die britische Hauptstadt ein Topziel für Terroristen ist. Die Behörden ordneten umgehend verstärkte Kontrollen an, vor allem in der Tube patrouillierten Antiterroreinheiten.

Die Einsatz- und Notfallpläne, die den Sicherheitskräften zur Verfügung stehen, sind äußerst detailliert, die Abläufe dutzendfach eingeübt. Im Herbst 2003 etwa simulierten die Sicherheitskräfte einen Chemieanschlag auf die Londoner U-Bahn. Hunderte Rettungskräfte trainierten die Evakuierung einer U-Bahn-Linie im Finanzdistrikt, nur unweit von den Orten, wo die Bomben nun hochgingen.

Auch Pläne zur Massenevakuierung der Stadt liegen vor. In einer "Operation Sassoon" genannten Aktion sollen bei einem unmittelbar drohenden oder bereits erfolgten schweren Terrorangriff Bewohner der Metropole in ländliche Regionen im Umkreis der Stadt gebracht und dort in Notunterkünften einquartiert werden. Auch für den Fall, dass London nach einem solchen Angriff nicht mehr bewohnbar wäre, gibt es Medienberichten zufolge Pläne.

Mit Terror mussten die Londoner schon vor der Bedrohung durch muslimische Extremisten leben. Jahrzehntelang war die Stadt auch Ziel von Anschlägen der Irisch-Republikanischen Armee (IRA). Im Juli 1982 kamen bei zwei IRA-Bombenanschlägen auf Soldaten elf Menschen ums Leben, 50 wurden verletzt. Im Dezember 1983 starben sechs Personen durch eine IRA- Bombe im berühmten Kaufhaus Harrods. Ein in einem Lastwagen von der IRA gezündeter Sprengsatz tötete im April 1993 einen Menschen im Londoner Finanzviertel Bishopsgate, 44 wurden verletzt. Im Februar 1996 kamen zwei Personen bei der Explosion einer IRA-Bombe im östlichen Stadtviertel Docklands um. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. Juli 2005)