Brüssel - Österreich hat vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits in mehreren Fällen schmerzliche Niederlagen hinnehmen müssen. Im Folgenden die spektakulärsten Urteile aus österreichischer Sicht seit dem EU-Beitritt 1995, bei denen die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich gestartet hat.

28. Oktober 1999 - Österreich muss sein Vergaberecht für öffentliche Aufträge ändern. Konkret fordert der EuGH ein Nachprüfungsverfahren, in dessen Rahmen eine Zuschlagsentscheidung angefochten werden kann. Bis dahin war die Vergabe des Auftrages nicht anfechtbar, unterlegene Bieter konnten nur Schadenersatz fordern. Anlassfall war der Auftrag für die elektronische Abbuchung von Ökopunkten, der an die Firma Kapsch ging, obwohl dieses Unternehmen 1996 das teuerste Angebot gelegt hatte.

9. März 2000 - Der EuGH erklärt die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke rückwirkend seit dem EU-Beitritt für rechtswidrig. Anspruch auf Rückzahlung hat laut Urteil jeder, der vor dem Tag des Urteils Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt hat. Die EU-Richter bemängeln, dass weder die Zweckbindung für touristische Infrastruktur noch die gesundheitspolitischen Ziele nachweisbar seien. Im Oktober 2003 stellen die Richter in einem weiteren Urteil fest, dass die Gemeinden die zwischen 1995 und 2000 zu Unrecht eingehobene Getränkesteuer rückerstatten müssen, außer sie können einem Antragsteller nachweisen, dass die Steuer auf die Kunden abgewälzt wurde und es daher bei der Rückerstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung käme. Insgesamt geht es dabei um ein Steueraufkommen von bis zu 1,2 Mrd. Euro.

18.Mai 2000 - Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) kommt zu dem Schluss, dass Österreich mit den anonymen Sparbüchern gegen seine Verpflichtungen aus der Geldwäscherichtlinie der EU verstößt. Zu einem Urteil in diesem Fall kommt es aber nicht mehr, weil in Österreich bereits im Februar 2000 das Aus für die Anonymität der Sparbücher ab November 2000 fällt. Im Juli 2000 stellt die EU-Kommission das Verfahren gegen Österreich ein.

26. September 2000 - Der EuGH urteilt, dass die Brennermaut im Vergleich zu den Ausgaben auf der bemauteten Strecke zu hoch ist und eine Diskriminierung sowohl auf Grund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers als auch des Ausgangs- und Zielpunktes des Verkehrs darstellt. Im Februar 2004 stellt der EuGH in einem weiteren Urteil fest, dass die Frächter einen Teil der Brennermaut zurückfordern dürfen. Im Mai 2005 einigen sich Bund, Asfinag und Frächter-Verband auf einen Rückzahlungsmodus für die rund 300 Mio. Euro, um die es laut Schätzungen geht. Ein 2004 eingebrachtes Bußgeldverfahren wegen der Nicht-Umsetzung des EuGH-Urteils wird von der EU-Kommission 2005 nach der Einigung auf die neue Wegkostenrichtlinie nicht mehr weiterverfolgt.

5. November 2002 - Österreichs "Open skies"-Abkommen mit den USA verstößt ebenso wie das von sechs weiteren EU-Ländern gegen EU-Recht, stellt der EuGH fest. Die EU-Kommission hatte Anfang der neunziger Jahre Verhandlungen über ein einheitliches Abkommen über den gegenseitigen Marktzugang europäischer und amerikanischer Airlines aufgenommen. Da die Verhandlungen ergebnislos blieben, preschten einzelne Mitgliedstaaten 1995 vor.

2. Oktober 2003 - Der EuGH erlässt eine einstweilige Verfügung gegen das vom Bundesland Tirol erlassene Fahrverbot für bestimmte Güter auf einem 46 km langen Abschnitt der Inntalautobahn ("sektorales Fahrverbot"). Die Kommission hatte dagegen geklagt, weil sie darin eine "zumindest indirekte Diskriminierung sieht". Nächste Woche wird der Schlussantrag des Generalanwalts erwartet.

7. Juli 2005 - Der EuGH erklärt die Zugangsregelung für Inhaber von Reifeprüfungszeugnissen aus anderen EU-Ländern an den österreichischen Universitäten für rechtswidrig. Bisher mussten sie einen Studienplatz in ihrem Heimatland nachweisen, um auch in Österreich studieren zu können. (APA)