Die Partei vor sich und ihre Unterstützung im Rücken: SP-Chef Alfred Gusenbauer fordert in der Asylfrage die Einigkeit seiner Genossen ein.

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"Keine Gegenstimmen" zum Asylpaket verspricht SP-Parteichef Alfred Gusenbauer der Regierung. Zumindest einige der roten Abgeordneten wollen, wenn schon nicht dagegen, so wenigstens nicht dafür stimmen.


Wien - Ganz aus sich herausgehen und Klartext zum Verhalten der SPÖ bei der heute, Donnerstag, stattfindenden Abstimmung über das Asylgesetz wollte von den zuletzt aufmüpfigen roten Abgeordneten niemand. "Alles ist möglich", zog sich beispielsweise SP-Menschenrechtssprecher Walter Posch auf die unverbindliche Lotto-Prognose zurück.

Die Kärntner Abgeordnete Melitta Trunk betonte mehrmals, "sich selbst treu bleiben" zu wollen und nicht dafür zu stimmen. Aber auch nicht dagegen, was im Grunde nur zwei Verhaltensweisen zulässt: entweder Auszug aus dem Plenum oder der Sitzung fernbleiben. Bereits krank gemeldet hatte sich am Mittwoch Exinnenminister Caspar Einem, auch ein vehementer Kritiker der Zustimmung zum Asylgesetz.

Prompt machte in der SPÖ das Gerücht die Runde, dass noch neun weitere Mandatare von einer plötzlich auftretenden Grippewelle erfasst werden könnten. Derweil versicherten die oberösterreichischen Abgeordneten, dass ihr Landesparteichef Erich Haider das Verhalten bei der Abstimmung freigestellt habe.

In der Klubsitzung am Dienstag hätten alle Landesvorsitzenden ihre Zustimmung deponiert, stellte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos dazu klar.

Umweltsprecher Kai Jan Krainer sah die Angelegenheit noch nicht besprochen. "Es kann sich bis zum letzten Moment alles ändern", meinte Krainer im Gespräch mit dem STANDARD. Er selbst wisse noch nicht, wie er sich verhalten werde - besonders, weil es seitens der ÖVP plötzlich "zarte Anfragen" gebe, Teile des Pakets wieder aufzuschnüren.

Darüber müsse er sich wirklich keine Gedanken machen, erwiderte der stellvertretende VP-Klubobmann Michael Spindelegger umgehend: Die ÖVP denke nicht im entferntesten daran.

Parteichef Alfred Gusenbauer und Klubchef Josef Cap versuchten unterdessen, die Parteilinie durchzuhalten. "Es wird keine Gegenstimmen geben", versicherte Gusenbauer nachdrücklich. "Der SPÖ-Klub stimmt zu", war sich Cap sicher. In der fünfstündigen Klubsitzung am Dienstagabend war von solcher Einigkeit dem Vernehmen nach keine Spur gewesen.

Wohl hätten sich gewichtige Mandatare aus den Gewerkschaften, der Bundesgeschäftsführung und auch den Ländern für eine Zustimmung ausgesprochen, mindestens genauso stark seien jedoch die Bedenken dagegen gewesen.

Heiße Debatten

Neben Einem, Trunk und Posch hätten auch Krainer, Andrea Kuntzl, Gisela Wurm, Barbara Prammer, Josef Broukal und Bettina Stadlbauer zumindest schwere Bedenken geäußert. Auch seien zwei Varianten jenseits der schließlich veröffentlichten SP-Linie debattiert worden: entweder die Abstimmung aus Gewissensgründen gleich oder in zweiter Lesung freizugeben. Schließlich habe Parteichef Gusenbauer selbst die Einigkeit der Partei eingefordert und darauf hingewiesen, dass die SPÖ gerade in dieser heiklen Materie "Regierungsfähigkeit" beweisen müsse.

"Im Grunde war das eine Disziplinierungsaktion gegen die aufmüpfigen Abgeordneten", meinte einer der Anwesenden zum STANDARD. Von gelungener Überzeugungsarbeit könne keine Rede sein. (DER STANDARD, Printausgabe, 07.07.2005)