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Foto: APA/Epa/Morrison
Edinburgh - Hochsubventionierte Zuckerrüben aus Europa, Billig-Baumwolle aus den USA, horrende Einfuhrzölle auf Reis in Japan: Gegen diese Konkurrenz hat Afrika im Welthandel keine Chance. Auf dem bevorstehenden G-8-Gipfel wollen sich die Regierungschefs, allen voran der britische Premierminister Tony Blair, für ein stärkeres Gleichgewicht auf den internationalen Märkten stark machen. Anders wird sich Afrika nach Ansicht von Experten niemals aus der Armut retten können.

Handel als Schlüssel zum Erfolg

Finanzhilfen und Schuldenerlass seien zwar wichtige Schritte, der Schlüssel zum Erfolg liege aber im Handel, argumentieren Blair und seine Gefolgsleute. Die reichen Staaten müssten ihr komplexes System von Subventionen und Handelsschranken reformieren, das ihnen bisher einen dicken Vorsprung vor den afrikanischen Bauern und Unternehmern sichert. Nur auf diese Weise könnten die Menschen auf dem Schwarzen Kontinent in die Lage versetzt werden, sich selbst selbst zu versorgen.

"Afrika will kein ewiger Bettler sein", sagt der ghanesische Geistliche Robert Aboagye-Mensah, der zum G-8-Gipfel nach Schottland reiste. "Wir wollen uns wie alle anderen Staaten dem Wettbewerb stellen. Sobald wir ein gerechtes Handelssystem haben, wird es uns tatsächlich möglich sein, unsere Zukunft selbst zu bestimmen."

Afrikas Welthandelsanteil geschrumpft

Während Asien und andere Konkurrenten wirtschaftlich im Höhenflug sind, ist der afrikanische Anteil am Welthandel von 1980 bis 2002 von sechs auf zwei Prozent geschrumpft, wie die von Blair ernannte Afrika-Kommission ermittelte. Wenn der Kontinent nur einen Bruchteil des Geschäfts zurückerobern könnte, wäre das mehr wert als jede Finanzhilfe. Doch die Hindernisse sind gewaltig.

Weltweit fließen Milliarden Dollar an Subventionen in die Landwirtschaft, unter anderem an die Zuckerrübenbauern in Frankreich oder an die Baumwoll- und Reisproduzenten in den USA. Leidtragende sind dabei die Afrikaner: Die kleinen Produzenten können weder im Aus- noch im Inland mit den oft unter den Produktionskosten liegenden Niedrigpreisen konkurrieren. In Ghana etwa legt eine Flut von subventioniertem US-Reis die einheimische Produktion lahm.

Die Kenianerin Lynette Muga, die seit 22 Jahren Zuckerrüben anbaut, sieht ihre Lebensgrundlage schwinden. Das Unternehmen, an das sie ihre Ernte bisher verkauft hat, ist Pleite gegangen, da Importzucker inzwischen deutlich billiger ist. Jetzt muss Muga ihre Rüben zu weit entfernten Verarbeitungsfabriken bringen, was ihren ohnehin geringen Ertrag weiter sinken lässt. "Der Zusammenbruch (des Handels) zwingt Frauen und Kinder zur Prostitution, und Männer werden zu Kriminellen, um überhaupt etwas (zum Leben) zu haben", sagt die 41-Jährige.

Schutz der Produzenten

Nach Angaben von Blairs Afrika-Kommission geben die reichen Staaten, vor allem die Europäische Union, die USA und Japan, jährlich 300 Milliarden Euro für Subventionen und Maßnahmen zum Schutz ihrer Produzenten aus. Das sei das 16-fache der gesamten Hilfsausgaben für Afrika. Nach Ansicht von Aktivisten geht die Schere immer weiter auseinander. "Wir predigen im Süden freien Handel, und im Norden praktizieren wir ihn nicht", sagt Liz Stuart von der Hilfsorganisation Oxfam. Für jeden Dollar, den die wohlhabenden Ländern an Afrika spendeten, entzögen sie dem Kontinent zugleich zwei Dollar infolge der unfairen Handelsregelungen.

Daneben braucht Afrika nach Ansicht der Kommission auch Hilfe bei Problemen, die seine Produktivität einschränken. Genannt werden etwa die schlechten Schulsysteme, Verkehrs- und Kommunikationswege sowie die weit verbreitete Korruption. Wenn diese Faktoren verbessert werden könnten, sagt der britische Schatzkanzler Gordon Brown, wäre Afrika in der Lage, "durch den Handel zu Wohlstand zu gelangen". Auch der ghanesische Geistliche Aboagye-Mensah zeigt sich optimistisch. "Wir sind keine Menschen, die leicht aufgeben", sagt er. (Von Beth Gardiner/AP)