Wien - Als Konsequenz aus der Teil-Aufhebung des
Asylgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof beschließt der
Nationalrat am Donnerstag neue Asylregelungen. Großteils sind
Verschärfungen geplant, aufgeteilt auf das Asyl- und das
Fremdenpolizeigesetz. Hinzu kommen noch ein erschwerter
Integrationsvertrag und neue Spielregeln für den Aufenthalt in
Österreich. Im Folgenden die wichtigsten Neuregelungen.
Die Schubhaft wird deutlich verschärft. Bisher durfte das Mittel
maximal sechs Monate angewandt werden, nunmehr können Asylwerber zehn
Monate innerhalb von zwei Jahren in Schubhaft genommen werden. Nach
sechs Monaten ist allerdings eine Überprüfung durch die Unabhängigen
Verwaltungssenate zwingend vorgeschrieben.Bisher waren traumatisierte Flüchtlinge vom Dublin-Verfahren
ausgenommen. Das heißt, auch wenn ein anderer EU-Staat oder Norwegen,
Island erstzuständig war, wurden die Fälle in Österreich behandelt.
Nunmehr können die Betroffenen überstellt werden, wenn dies
medizinisch verantwortbar ist und keine Verschlechterung des Zustands
durch die Abschiebung droht.Damit können die Betroffenen auch in Schubhaft genommen werden.
Dies trifft auch Minderjährige: Fremde unter sechzehn Jahren dürfen in Schubhaft angehalten werden, wenn eine dem Alter und Entwicklungsstand entsprechende Unterbringung und Pflege gewährleistet ist. (§ 79 des Entwurfs). Allerdings schreibt §77 der Behörde vor, bei Minderjährigen "gelindere Mittel" anzuwenden, "es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann."
Juristisch nicht eindeutig nachvollziehbar ist, ob es künftig zu
einer Zwangsernährung von Flüchtlingen kommen kann. Prinzipiell ist
festgeschrieben, dass im Fall eines Hungerstreiks bei Asylwerbern,
deren Abschiebung bereits feststeht und durchsetzbar ist, diese in
ein Gefangenenhaus überführt werden. Dort soll eine entsprechende
"Heilbehandlung" stattfinden, um ein "Freipressen" aus der Schubhaft
zu verhindern. Ob Zwangsernährung damit möglich wird, ist juristisch
aber umstritten. In den vergangenen 30 Jahren gab es in Österreich
auch unter Strafgefangenen keinen einzigen Fall.Während des maximal 20-tägigen Zulassungsverfahrens gilt künftig
eine Gebietsbeschränkung. Dies bedeutet, dass sich der Asylwerberer
nur innerhalb eines Bezirks (im wohl häufigsten Fall Traiskirchen ist
das der Raum Baden) bewegen darf.Für die Asylwerber bestehen in Hinkunft verstärkte
Mitwirkungspflichten, etwa müssen sie ständig ihren Aufenthaltsort
bekannt geben. Sollten sie sich nicht daran halten, drohen zwar im
Gegensatz zu ursprünglichen Planungen keine direkten Sanktionen,
jedoch wird das Verhalten in die Entscheidungsfindung über die
Gewährung des Asylstatus mit einbezogen.Das Personal für den Unabhängigen Bundesasylsenat wird
aufgestockt. Mindestens 15 zusätzliche Juristen werden in der
Zweitinstanz tätig sein, um eine Beschleunigung der Verfahren zu
bewirken.Zusätzlich wird die Verfahrensdauer generell gekürzt. Erst- und
Zweitinstanz dürfen bei straffällig gewordenen Asylwerbern jeweils
nicht mehr als drei Monate brauchen, um einen Fall abzuschließen. Bei
unbescholtenen Flüchtlingen soll die Entscheidung spätestens nach
zwei Mal sechs Monaten fallen.Personen, die in ihrem Herkunftsland eine sichere
Rückzugsmöglichkeit haben, besitzen keinen Anspruch auf Asyl mehr.
Als Beispiel könnte etwa Sri Lanka dienen, wo die Tamilen nur in
Teilen des Landes Verfolgung ausgesetzt sind. Eher unwahrscheinlich
ist, dass die Regelung auch bei Tschetschenen zur Anwendung kommt, da
ihnen auch in anderen Teilen Russlands Gefahr droht.Im Regelfall erlaubt ist es wieder, in der zweiten Instanz neue
Tatsachen vorzulegen. Das Neuerungsverbot, das hier massive
Einschränkungen in der Berufung vorsah, war ja vom
Verfassungsgerichtshof gekippt worden und hatte zur Änderung der
Asylregelungen geführt.Die Erstbefragung von Asylwerbern wird künftig von der
Fremdenpolizei vorgenommen. Dabei werden aber nur Daten und
Fluchtwege erfragt. Die Fluchtgründe müssen weiterhin von den
Asylbehörden eruiert werden.Bescheide werden künftig dem Asylwerber direkt zugestellt. Damit
kann er im negativen Fall sofort von der Fremdenpolizei in Schubhaft
genommen werden. Abschiebungen sind aber nicht möglich, bevor der
Rechtsvertreter informiert ist. Erst dann beginnen die Fristen zu
laufen.Die Daten von Asylwerbern können künftig an den Herkunftsstaat
weitergegeben werden, wenn die Flüchtlinge bei Straftaten ertappt
werden.Wenn ein straffällig gewordener Fremder während des
Gefängnisaufenthalts einen Asylantrag stellt, kann er künftig
prophylaktisch in Schubhaft genommen werden. Über Flüchtlinge, die
einen Folgeantrag abgeben, gegen die aber bereits ein aufrechter
Ausweisungsbescheid vorliegt, kann dieses Mittel ebenfalls verhängt
werden.Die Strafen für Schlepperei werden angehoben. War bisher die
Mindestbuße 360 Tagsätze, kommt nun in jedem Fall eine Haftstrafe
(zumindest bedingt) zum Einsatz. Der Höchstrahmen bleibt bei zehn
Jahren. Neu ist, dass auch die Ermöglichung der Durchreise durch
Schlepper unter Strafe steht.Wer eine Scheinehe anbahnt, ist künftig von drei Jahren Haft
(statt bisher einem) bedroht. Geht ein Österreicher sie gegen
Bezahlung oder nennenswerte Geschenke ein, ist er nicht mehr
straffrei, sondern muss mit bis zu einem Jahr Haft rechnen. Tut er
das nur aus Gefälligkeit, blüht ihm eine Geldstrafe. Bei
Selbstanzeige ist allerdings keinerlei Bestrafung vorgesehen. Für den
Fremden droht beim Eingehen einer Scheinehe unverändert die
Abschiebung. Ganz ähnliche Strafen drohen bei Scheinadoptionen.Ebenfalls strafbar wird, wer einen untergetauchten Asylwerber
wissentlich versteckt. Bei dieser "Beihilfe zum unbefugten
Aufenthalt" sind Geldstrafen vorgesehen.Der erst 2002 eingeführte Integrationsvertrag wird verschärft.
Statt bisher 100 Stunden müssen von Zuwanderern künftig 300 Stunden
an Deutschkurs mit abschließender Prüfung absolviert werden.
Zusätzlich kann bei Bedarf ein 75 Stunden umfassender
Alphabetisierungskurs absolviert werden. Die Zahl der Ausnahmen wird
reduziert.Am Ende des Kurses ist nunmehr in jedem Fall eine Prüfung zu
absolvieren. Wegfallen wird die Möglichkeit, direkt am Amt die
Deutschkenntnisse beweisen zu können. Künftig ist zumindest das
Absolvieren eines Tests vonnöten. Gefordert ist dabei das so genannte
A2-Niveau. Das bedeutet, dass sich der Lernende in einfachen,
routinemäßigen Situationen verständigen kann, in denen es um einen
simplen Austausch von Informationen über vertraute Themen geht. Gehörig reduziert wird durch die geplante Neuregelung die Zahl der
Ausnahmen von der Kursverpflichtung. Für Neuzuwandernde ab dem Jahr
2006 gelten als Voraussetzung für eine Befreiung, dass es sich um
unmündige Minderjährige, ältere bzw. kranke Personen oder um
Zuwanderer handelt, die über eine zumindest theoretische
Hochschulzulassung verfügen. Während die Angehörigen von EWR-Bürgern
nicht erfasst sind, werden die Ehepartner von Österreichern nicht
mehr automatisch ausgenommen.
Da die Ausweitung der Kurse für die Zuwanderer mehr Aufwand
bedeutet, wird die Erfüllungsfrist für die Vereinbarung von bisher
vier auf fünf Jahre verlängert. Ist der Kurs bis dahin nicht
absolviert, kann es passieren, dass die Aufenthaltsgenehmigung endet.
Dabei handelt es sich aber um eine Kann- und nicht um eine
Muss-Bestimmung. Das heißt, es muss individuell geprüft werden, ob
eine Defacto-Abschiebung "verantwortbar" ist.
Ausländer, die in Österreich leben, werden sich künftig mit einer
Art Scheckkarte ausweisen müssen. Auf der Karte, die den
Aufenthaltstitel klärt, werden Foto und Unterschrift des Fremden
enthalten sein. Die Bilder werden im so genannten
Fremdeninformationssystem gespeichert, können also von den Behörden
eingesehen werden.
In Österreich geborene bzw. bis (etwa) zum zweiten Lebensjahr ins
Land gekommene Ausländer können künftig abgeschoben werden. Dies wäre
dann der Fall, wenn sie wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung
rechtskräftig zu mehr als einer unbedingten zweijährigen
Freiheitsstrafe (z.B. schwerer Diebstahl) verurteilt worden sind.
Bisher erhielten Personen im Rahmen der Familienzusammenführung erst nach zwei bis drei Jahren eine Chance auf Beschäftigung. Dies
ändert sich nun, indem festgelegt wird, dass nach zwölf Monaten die
Betroffenen den selben Arbeitstitel erhalten wie ihre Verwandten,
denen sie legal ins Land nachgereist sind. Verfügt z.B. ein Mann über
eine Arbeitsgenehmigung (freie Arbeitssuche in einem Bundesland
möglich), erhält seine nachgereiste Frau künftig nach einem Jahr
Aufenthalt diese auch.Künftig erhalten alle Zuwanderer nach fünf Jahren einen
Niederlassungsschein, der ihnen im EU-Land die Arbeitsgenehmigung
verschafft. Hinzu kommt die Möglichkeit, dann auch in jedem anderen
Staat der Union nach einem Arbeitsplatz zu suchen und dort den selben
Aufenthalts/Arbeitstitel zu erlangen.Ausgeweitet wird durch das am Donnerstag im Nationalrat zu
verabschiedende Paket auch das Recht, Verwandte nach Österreich
mitzunehmen. Ermöglicht wird beispielsweise, dass ein EU-Bürger seine
nicht aus der Union stammenden Eltern und Schwiegereltern legal ins
Land bringen darf. Bisher war dies nur bei Ehepartnern und Kindern
möglich. (APA)