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Schüssel: "Ein Land darf sich nicht erpressen lassen."

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Heinz Fischer will über jeden einzelnen Fall von Zwangsernährung persönlich informiert werden

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Wien - Innenministerin Liese Prokop bleibt dabei: Die Zwangsernährung von hungerstreikenden Schubhäftlingen wird möglich sein. Wenn auch solche Fälle nicht sehr wahrscheinlich seien. Darüber habe sie am Montag auch Bundespräsident Heinz Fischer unterrichtet, der sich ausbedungen hat, über jeden einzelnen Fall informiert zu werden. Prokop hat dieses Ansuchen an Justizministerin Karin Miklautsch weitergeleitet, in deren Zuständigkeit die Zwangsernährung fallen wird.

Aus der Präsidentschaftskanzlei heißt es dazu: "Der Bundespräsident weist darauf hin, dass es aus seiner Sicht für nicht straffällig gewordene Personen in Schubhaft im Normalfall keine ausreichende gesetzliche Grundlage für Zwangsernährung gibt. Der Bundespräsident hat den Wunsch geäußert, informiert zu werden, wenn sich dennoch ein Fall ergibt."

Prokop betont im STANDARD-Gespräch, dass sich im vergangenen Jahr 1072 Personen durch Hungerstreik aus der Schubhaft freigepresst hätten. Künftig soll ein Hungerstreikender in eine Krankenanstalt verlegt werden, wo die erforderliche Behandlung eingeleitet werde, wenn er seine Gesundheit schädige und seine Abschiebung bereits feststehe und durchsetzbar sei. Im Einzelfall werde auch Zwangsernährung möglich sein. Angesichts der Kritik an der Zwangsernährung erklärte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, es dürfe nicht möglich sein, sich aus Schubhaft freizupressen. "Ein Land darf sich nicht erpressen lassen."

Die SPÖ behauptet nach wie vor, dass eine Zwangsernährung gar nicht möglich sei, deshalb habe man dem Gesetzesentwurf auch zugestimmt. Die Optik in der ganzen Angelegenheit sei "im höchsten Maß unerfreulich", beklagte SPÖ-Klubchef Josef Cap. Wenn ein Hungerstreikender ins Koma zu fallen drohe, müsse er auch in Zukunft entlassen werden, glauben die Klubjuristen. Warum in den Erläuterungen zum Gesetz die Möglichkeit der Zwangsernährung überhaupt enthalten ist, konnte Cap nicht erklären.

Cap, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos und Parteichef Alfred Gusenbauer versuchten am Dienstag, ihre Abgeordneten auf Linie zu bringen, um sich bei der Abstimmung im Parlament möglichst einheitlich zu präsentieren. Mehrere Abgeordnete, darunter Caspar Einem, Melitta Trunk oder Walter Posch, haben bereits angekündigt, nicht für dieses Gesetz stimmen zu wollen. Sie und weitere Abgeordnete könnten den Sitzungssaal verlassen oder sich krankmelden. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.7.2005)