Bild nicht mehr verfügbar.

Chinesische Soldaten haben es bei der Hitze noch relativ gut: Sie können im Wasser trainieren

Foto: REUTERS
Mit 38 Grad im Schatten (Tendenz steigend) erleben die Menschen in der chinesischen Hauptstadt Peking eine extreme, frühe Hitzewelle. Dies hat auch die Regierung veranlasst, die Bekleidungsvorschrift für Staatsbeamte zu lockern.

Westlicher Anzug und Krawatte traten Anfang der Achtzigerjahre an die Stelle der blauen Mao-Kluft. Seit aber die Sommerhitze über Peking und Schanghai hereinbrach, dürfen sich die Staatskader (amtlich limitiert bis 31. August) ihrer Schlipse entledigen. Auch im Freizeitgewand könne man dem Volke dienen, heißt es. So ließe sich Energie sparen. Die Funktionäre dürfen ihre Büros durch Klimaanlagen nur noch auf maximal 26 Grad herunterkühlen.

Beispiel Japan

Die Staatsdiener folgen dem Vorbild des Erzfeinds Japan. Staatschef Junichiro Koizumi machte Schlagzeilen, als er sich und seinen Beamten von 1. Juni an erlaubte, ihre Krawatten und westlichen Anzüge abzustreifen. Wer nicht eingeschnürt im Büro sitzt, - so die Logik -, schwitzt weniger und dreht die Kühlanlagen weniger stark auf.

Die Nachrichtenagentur Xinhua meldete, dass die krawattenlose Zeit nur ein Anfang sei. Chinas Beamte hätten beim Energiesparen noch viel zu lernen. Der jüngsten Rechnungsprüfung zufolge verbrauchten sie viermal so viel Energie, dreimal so viel Wasser und siebenmal so viel Strom wie Normalbürger. Und das zu einer Zeit, in der das Land wegen akuten Mangels an Strom tausende Fabriken abschalten muss.

Eine Zeitung empörte sich, dass manche Beamte an einem Tag so viel Strom verbrauchen "wie ein Bürger in 19 Tagen". In vielen Behörden herrsche üble Verschwendung: "Licht brennt immer, Wasser läuft ständig. Im Sommer kühlen die Klimaanlagen so stark, dass man Pullover tragen muss; im Winter werden die Räume so überhitzt, dass alle im Hemd rumlaufen."

Chinas Hitzewelle kommt um Wochen zu früh. Sie könnte ein Vorbote für Regenstürme und Fluten im Spätsommer sein. Am 22. Juni gaben Pekings Wetterämter zum ersten Mal "grünen Alarm", der wie ein Smogalarm die Bürger zum Energiesparen mobilisieren soll. Die Polizei rief jetzt private Autofahrer in der Hauptstadt auf, keine entzündbaren Sachen in ihren in der Sonne geparkten Pkws liegen zu lassen. Vergangene Woche gerieten so 42 Autos von selbst in Brand.

"Saunatage"

Noch ärger als in Peking stöhnt man in Schanghai über die heißesten Tage (ohne Unterbrechung) seit 70 Jahren. Am Sonntag gab es "schwarzen Alarm" wegen Temperaturen um 39 Grad. Die Zeitung Jingbao berichtete, die Chancen stünden gut, den Rekord vom 12. Juli 1934 zu brechen. Da stand das Thermometer auf 40,2 Grad. Inzwischen reden die Hitzegeplagten von "Sang-Na Tian". Es ist die lautmalerische Umschreibung der chinesischen Sprache für "Saunatage". (DER STANDARD Printausgabe, 05.07.2005)