Rom - Ein Funktionär des US-Geheimdienstes CIA, Michael
Scheuer, bestreitet die Aussagen der italienischen Regierung über die
Entführung eines islamischen Geistlichen in Mailand. Nach Angaben des
Geheimdienstfunktionärs hatte die CIA die Regierung von Premier
Silvio Berlusconi über die Pläne zur Entführung des in Mailand
lebenden Imams Abu Omar informiert, berichtete die römische
Tageszeitung "La Repubblica" in ihrer Montag-Ausgabe.
Abu Omar soll im Februar 2003 in Mailand auf offener Straße von
CIA-Agenten aufgegriffen und aus Italien über Deutschland nach
Ägypten zum Verhör ausgeflogen worden sein. Den CIA-Agenten wird
vorgeworfen, Abu Omar über den US-Stützpunkt Ramstein nach Ägypten
verschleppt zu haben, wo er angeblich auch gefoltert wurde. Abu Omar
hatte in Italien politisches Asyl erhalten. Die Regierung Berlusconi
hatte am Donnerstag erklärt, über die Entführung des Imam nicht
informiert gewesen zu sein.
Der von "Repubblica" interviewte CIA-Agent bestritt diese
Aussagen. Die CIA habe die italienischen Geheimdienste über die
Operation informiert. Mit der Affäre Abu Omam habe sich
US-Außenministerin Condoleezza Rice persönlich beschäftigt, sagte
Scheuer.
Italienischer Haftbefehl gegen Abu Omar
Gegen Abu Omar hatten Anfang 2003 bereits die italienischen
Behörden ermittelt. Er soll Verbindungen zur Gruppe Ansar al-Islam
gehabt haben. Der Mailänder Untersuchungsrichter hatte auch einen
Haftbefehl gegen den Imam erlassen. Die Staatsanwaltschaft versucht
derzeit, die ägyptische Regierung zur Rückführung des Verschleppten
nach Italien zu überreden.
Für Berlusconi, der in Europa zu den treuesten Verbündeten von
US-Präsidenten George W. Bush zählt, ist die Imam-Affäre ein neuer
Schlag. Bereits wegen des Todes des italienischen Geheimdienstagenten
Nicola Calipari in Bagdad war Berlusconi vor zwei Monaten auf
Konfrontationskurs zu den USA gegangen. Die amerikanische
Darstellung, dass US-Soldaten an Caliparis Tötung an einem Checkpoint
in Bagdad unschuldig seien, hatte in Italien für Empörung gesorgt.
Rom hatte daraufhin in einem eigenen Dossier schwere Vorwürfe gegen
die USA erhoben. Die Soldaten hatten das Auto beschossen, mit dem
Calipari die kurz zuvor freigelassene italienische Geisel Giuliana
Sgrena zum Flughafen Bagdad bringen wollte. (APA)