Die Diskussion im Gemeinderat über den Neuwahlantrag verfolgte Bürgermeister Häupl diskret aus dem Hintergrund. Sein Wunsch-Wahltermin ist der 23. Oktober.

Foto: Cremer

Per Handheben wurde dem Neuwahlantrag zugestimmt: SPÖ, Grüne und das BZÖ waren dafür. Bei FPÖ und ÖVP blieben in diesem Moment die Hände unten.

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Der Wiener Gemeinderat hat sich aufgelöst. SPÖ, Grüne und BZÖ stimmten dafür, ÖVP und FPÖ dagegen. Gewählt soll im Herbst werden. Ein genauer Termin wurde aber nicht festgelegt. Die Sozialdemokraten legten auch gleich einen Vorschlag für ein Fairness-Abkommen vor.

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Wien – Zeitung lesen, SMS schreiben oder leise plaudern – nicht alle Mandatare verfolgten die 58. Gemeinderatssitzung mit höchster Konzentration. Dabei war es das letzte Zusammentreffen in dieser Besetzung. Kurz vor 15 Uhr wurde mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und BZÖ die Auflösung des Gemeinderates beschlossen, der Weg für Neuwahlen freigemacht.

Wann die Wien-Wahl stattfindet, wurde bei dieser Sitzung jedoch nicht geklärt. Im Antrag, gemeinsam von Grünen und SPÖ eingebracht, war nur die Rede davon, die "Neuwahl möglichst im Oktober 2005 festzusetzen". Wunschtermin von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) ist der 23. Oktober. Und wie praktisch: Die Entscheidung darüber obliegt ihm alleine.

Dementsprechend gelöst verfolgte Häupl die letzte Gemeinderatssitzung spazieren gehend oder vom hinteren Teil des Saales aus – quasi als Zaungast.

Für die SPÖ hatte Klubchef Christian Oxonitsch die Aufgabe übernommen, die Entscheidung für die Vorverlegung (vom kommenden Frühjahr) der Wien-Wahl auf den Herbst zu verteidigen: Den Wienern solle ein "langer und teurer" Wahlkampf erspart bleiben, sagte er und zitierte aus dem Neuwahl-Antrag: "In den letzten Monaten wurde spürbar und sichtbar, dass sich die im Gemeinderat vertretenen Parteien auf einen Wahlkampf vorbereiten."

Angebot an Schüssel

Wie später Grünen-Chefin Maria Vassilakou forderte auch er vorgezogene Nationalratswahlen: "Wir wünschen uns eine andere Bundesregierung – no na net." Das Angebot Häupls an Bundeskanzler und ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel, am Tag der Wiener Gemeinderatswahl auch eine Nationalratswahl abzuhalten, bleibe aufrecht, betonte Oxonitsch: "Wir sind nach wie vor gesprächsbereit über diesen Termin, darum gibt es auch heute nicht die endgültige Terminfestlegung."

Vassilakou begründete den Antrag damit, dass es "irgendwann Zeit ist, klare Verhältnisse zu schaffen". Mit baldigen Wahlen könne auch bald wieder mit der Arbeit begonnen werden. Die Wiener Grünen-Chefin zeigte sich überzeugt, dass der Wiener Urnengang zur Denkzettelwahl für die Regierung werden. Entsprechend gut seien die Umfragedaten für ihre Fraktion.

Tatsächlich befinden sich die Grünen im Umfragehoch. Zuletzt lagen sie etwa bei einer SP-Umfrage an der zweiten Stelle mit 21 Prozent, die ÖVP bei 18. Die SPÖ ist allerdings meilenweit entfernt und liegt bei den Befragungen jedenfalls über 50 Prozent.

Die SP-Absolute wurde bei der Gemeinderatssitzung von Wiens VP-Chef Johannes Hahn thematisiert. Die Sozialdemokraten sollten sich ihrer absoluten Machtfülle nicht zu sicher sein, ärgerte er sich: "Jeder Krug geht so lange bis zum Brunnen, bis er bricht. Auch Sie von der SPÖ werden das irgendwann einmal erleben!"

Die ÖVP hatte wie die FPÖ den Neuwahlantrag schon im Vorfeld abgelehnt. Dessen Text sei ein "Kleinod einer Mischung aus Blasphemie, Servilität und Larmoyanz". Die SPÖ habe die Opposition geradezu gezwungen, einen Wahlkampf vorzubereiten, und nun werde dies als Argument für vorgezogene Wahlen verwendet. FP-Chef Heinz-Christian Strache sah gar nur ein "künstliches, vorgezogenes Neuwahlkasperltheater".

In der SPÖ gab man sich indes vorausschauend. Am späten Nachmittag lag ein Angebot für ein Abkommen "über die Begrenzung der Dauer des Einsatzes von Werbemitteln sowie über die Fairness im Wahlkampf" am Tisch der anderen Parteien. Dass es auch angenommen wird, schien am Donnerstag jedenfalls sehr unwahrscheinlich. (pm/DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2005)