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Foto: APA/Energei Steiermark
Wien - Der steigende Bedarf an elektrischer Energie kann nicht allein durch einen weiteren Ausbau von Ökostromanlagen abgedeckt werden. Um mit den Stromverbrauchszuwächsen der vergangenen Jahre - die zudem immer über den Prognosen auch des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) gelegen waren - Schritt halten zu können, sei der weitere Ausbau von Kraftwerken notwendig, so die Meinung von Energieexperten beim zweiten APA-Branchentreff, gestern, Dienstag Abend, in Wien.

E-Control-Ökostromexperte Christian Schönbauer geht davon aus, dass erst die übernächste Kraftwerksgeneration von erneuerbaren Energien einen maßgeblichen Beitrag zur Stromversorgung leisten wird können. Die Lösung zukünftiger Stromprobleme werde aber nicht ausschließlich durch den Ausbau von Ökostrom möglich sein.

Richtiges Ziel - falscher Weg

"Das Ziel ist richtig, der Weg ist falsch", kritisierte Ferdinand Fuhrmann, Nettingsdorfer-Chef und Energiesprecher der heimischen Papierindustrie, die Entwicklungen beim Ökostrom. Per Gesetz sei ein Füllhorn aufgemacht worden und schon jetzt würden die Fördersummen explodieren. Gleichzeitig gebe es keine Effizienzkriterien und keine Aufteilung auf gewisse Bereiche. Als Folge würden 3,5 Milliarden Euro für Ökostromanlagen ausgegeben werden. Der Großteil der Anlagen für erneuerbare Energien werde aber ohne Förderung nicht lebensfähig sein, nie die Gewinnzone erreichen. 29 Prozent des in Österreich produzierten Stroms würden so aus dem Wettbewerb genommen werden. Das sei ein Standortnachteil für die österreichische Industrie, die dafür mitzahlen müsse.

Wenn es um Ökostrom gehe, seien die Verbraucher gespalten, meinte der Generaldirektor der Energie AG Oberösterreich, Leo Windtner. Einerseits würden sie nach Ökologie rufen, andererseits auch auf ihr Geld schauen. Bei einem Versuch im Jahr 2000 wären von 24.000 Kunden trotz Werbung nur 380 für ein etwas teureres Ökostromprodukt zu gewinnen gewesen. Ökoenergie dürfe aber nicht zu einem "Subventionsfall" werden, sondern müsse langsam an die Marktkonformität herangeführt werden.

Boom beim Kraftwerksbau

Um die Differenz zwischen Stromangebot und -nachfrage auszugleichen, werde es zu einem Boom beim Kraftwerksbau kommen, so Windtner. Beim Ausbau der Wasserkraft sei lange nichts mehr investiert worden. Jetzt sei es noch relativ günstig, bald werde es aber zu einem gewaltigen Preis- und Kostenschub bei den Anlagen kommen. Man sei bereits auf der Suche nach noch machbaren Standorten.

Für Horst Steinmüller, Wissenschafter am Energieinstitut der Johannes Kepler Universität Linz, gibt es im Energiebereich ein "echtes Politikversäumnis". Auch er sieht einen Unterschied zwischen der Bereitschaft, Ökostrom zu kaufen und dafür zu bezahlen und schlägt vor, Ökostrom per Gesetz und Verordnung einzuführen. Weiters kritisierte Steinmüller die Verschleierungstaktik: Die Unternehmen seien an Transparenz nicht interessiert. Österreichs Chance liege in der Vorreiterrolle bei nachhaltigen Energiesystemen, andere europäische Länder würden dann nachziehen.

Unabhängige Netzgesellschaft

Ulfert Höhne, Vorstandsvorsitzender der oekostrom ag, ortete für sein Unternehmen Behinderungen durch die Energieversorger im Netzbereich. Die Lösung sieht Höhne im "unbundling", der Trennung von Netzbetrieb, Vertrieb und Erzeugung von Strom. Eine unabhängige Netzgesellschaft wäre sinnvoll. Ein "ordentliches unbundling", hält auch Fuhrmann für notwendig. Für die E-Wirtschaft würde das aber einen "Kulturwandel" erfordern, gegen den sie sich bisher erfolgreich wehre. Beim "unbundling", das auch eine EU-Richtlinie vorsehe, seien vor allem die Landesgesetzgeber säumig.

Auf die Frage, warum Energiesparen kein Thema sei, meinte Höhne: "Weil wir es nicht zum Thema machen und weil Energie zu billig ist". (APA)