Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei abermals wegen Misshandlungen in Polizeigewahrsam verurteilt. Die Straßburger Richter gaben einem mutmaßlichen Aktivisten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und zwei Mitgliedern der linksextremen Partei Dev-Sol Recht. Sie waren im Frühjahr und Sommer 1994 in Istanbul bei Verhören mit Elektroschocks, Aufhängen an den Armen und Stockschlägen auf Hände und Fußsohlen gequält worden, was ärztliche Atteste bestätigten.

Der 31 Jahre alte mutmaßliche PKK-Aktivist blieb zehn Tage in Polizeigewahrsam, ohne mit einem Anwalt oder Angehörigen sprechen zu dürfen. Er sei in dieser Zeit "völlig dem verurteilungswürdigen Vorgehen der Polizisten" ausgesetzt gewesen, rügte der Gerichtshof. Die 31 und 28 Jahre alten Dev-Sol-Mitglieder wurden im Anschluss an die Misshandlungen von einem so genannten Staatssicherheitsgericht, dem ein Militärrichter angehörte, zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Dieses Verfahren wertete der Menschenrechtsgerichtshof als Verstoß gegen das Grundrecht auf einen fairen Prozess.

Die Regierung in Ankara wurde angewiesen, den Klägern Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 beziehungsweise 5000 Euro zu zahlen. Erst am 7. Juni war die Türkei wegen Folter verurteilt worden. Geklagt hatte eine Frau, die 1995 im Zuge einer Polizeiaktion gegen mutmaßliche Mitglieder einer Linkspartei festgenommen und schwer misshandelt wurde. (APA)