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Obst ist super. Wahrscheinlich eine Frage des Alters, aber über reife Pfirsiche kann ich mich mittlerweile echt ganz schön freuen; oder wenn irgendwo Maschansker oder Lavanttaler Bananen zu bekommen sind; oder wenn wer tatsächlich einen Baum mit den besten Äpfeln der Welt, der Champagner-Rennette nämlich, stehen hat und dessen Früchte veräußert; oder wenn auf einmal alte Erdbeer-Sorten wie die Mieze Schindler oder die Wädenswil II wieder auftauchen; oder selbst gepflückte, völlig reife Marillen, ja bist du fertig! Oder sonnenwarme Stachelbeeren, Glück pur, ganz zu schweigen davon, dass ab und zu eine Mango ja auch einmal reif, nicht fasrig ist und auch nicht 7,50 Euro kostet; und nicht zu vergessen, die pralle Lust, eine technisch einwandfrei zerlegte Wassermelone innerhalb weniger Augenblicke zu inhalieren – herrlich! Aber daran, dass ich eine Kiwi gegessen habe, kann ich mich eigentlich kaum mehr erinnern. Muss irgendwann in den 80er-Jahren gewesen sein, als der haarige Erdäpfel mit dem grünen Fleisch irgendwie noch neu, cool und interessant war. Und auch wenn ich mir da jetzt so eine Kiwi ganz fest vorstelle, will kein rechter Appetit auf die Frucht des Strahlengriffelgewächses aufkommen. Komisch, aber der Gedanke an einen reifen Pfirsich oder eine mürbe Wassermelone ist gleich wieder da und lässt den Speichel strömen, das Kiwi-Bild ist indes eher flüchtig. Ich weiß ja nicht, ob’s allen so geht wie mir – denn immerhin nimmt die Kiwi in den Obst-Regalen der Supermärkte ja ganz schön breiten Raum ein, was auch auf eine gewisse Nachfrage schließen ließe – aber mich kratzt die Kiwi so was von überhaupt nicht, wie ich’s gar nicht beschreiben kann. Woran das wohl liegen mag? Vielleicht daran, dass Kiwis eigentlich nie reif schmecken, was kein Wunder ist, da sich die ursprünglich aus China stammende und erst nach dem zweiten Weltkrieg in großem Ausmaß in Neuseeland angepflanzte Frucht gekühlt nämlich neun Monate hält – ein Traum für Obst-Logistiker, Früchte-Warenterminhändler und Long Distance-Obstverwerter. Wirklich sympatisch macht das die Kiwi allerdings halt nicht, und reif eben auch nicht. Vielleicht ist es auch das Eiweiß-Enzym Actinidin, welches mir die Kiwi eher hinten vorbei wachsen lässt: Dieses Enzym sorgt nämlich dafür, dass Milch bei Kontakt mit diesem Stoff mörderisch bitter wird, und wer in einer jugendlichen Milkshake-Experimentalphase einmal an die Kiwi kam, wird verstehen, was ich meine. Oder es ist diese Farbe, dieses an und für sich ja nicht unoriginelle Grün mit diesem weißen Kern drin und den schwarzen Punkterln – von der Designidee her eigentlich gar nicht schlecht, aber ich muss dabei halt immer an türkise Sweatshirts mit rosa Blitzen, Legwarmers, bemalte Jogging High und das unvergessene Duo Nena und Markus denken. Ganz davon abgesehen, dass der Verzehr einer Kiwi mit dem Löffel so was von unlässig war und ist, und dass eine Frucht schon besonders außergewöhnlich gut schmecken muss, um diese uncoole Verzehr-Technik wettmachen zu können. Auch die Tatsache, dass vor ein paar Jahren mit groß angelegten Marketing-Aktionen eine gelbe Kiwi-Art an den Mann zu bringen versucht wurde, machte die Frucht nicht sympathischer, das hatte schon irgendwie was Jämmerliches. Nö, ich befürchte, die Kiwi ist völlig out, und meine Verzweiflung darob hält sich in Grenzen. Das Rechtschreib-Programm meines Computers kennt das Wort Kiwi übrigens auch nicht, und wenn sonst nichts ein Indiz für die zu Ende gegangene Epoche der Neuseeland-Beere ist, dann aber das.