Ein Aufschrei geht durch Europa. Es gibt kaum ein Land, in dem am Mittwoch nicht lauter Protest zu den Vorschlägen der EU-Kommission für eine neue Zuckermarktregelung zu hören war.

Das war zu erwarten. Denn die Zuckermarktordnung ist der letzte Bereich der EU-Agrarpolitik, der noch vollständig reguliert ist. Seit 1968 gibt es in der EU ein System, das zwar den Landwirten und Zuckerproduzenten Einnahmen auf hohem Niveau gesichert hat, gleichzeitig aber hohe Preise für die Konsumenten und massive Wettbewerbsverzerrungen zulasten ärmerer Länder gebracht hat.

So wird für eine Tonne Zucker in der EU bis zu 632 Euro gezahlt, der Zucker-Weltmarktpreis schwankte zuletzt zwischen 150 und 250 Euro.

Trotz der massiven Kritik ist es an der Zeit, dass dieser Bereich reformiert wird. Wenn irgendwo etwas gekürzt oder gestrichen wird, gibt es immer einen Aufschrei. Aber keiner der Betroffenen kann sagen, dass diese Reform überraschend kommt.

Österreichs einziger Zuckerverarbeiter Agrana hat sich auf die Änderungen durch die Reform vorbereitet und die Produktion so umgebaut, dass die Einbußen nicht so krass ausfallen.

Die EU war auch zum Handeln gezwungen, weil die Welthandelsorganisation (WTO) die EU-Subventionen für rechtswidrig erklärt hat. Die Grundzüge für eine neue Zuckermarkt-Regelung der EU hat im Juli noch der frühere EU-Agrarkommissar Franz Fischler vorgelegt.

Die von seiner Nachfolgerin Mariann Fischer-Boel vorgesehenen Preiskürzungen fallen nun noch kräftiger aus als von Fischler vorgesehen. Dass die Kürzungen einigen aber nicht weit genug gehen, während andere nur geringere Einschnitte für erträglich halten, zeigt, dass es sich dabei wirklich um eine Radikalkur handelt, die vor nichts zurückschreckt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.06.2005)