Grafik: meterfilm
Wien - Ein Paket erreicht seinen Empfänger in Wien. Es kommt aus Kärnten. Es enthält Kleidungsstücke, Geld und einen Badeschwamm. Geschickt hat es die Frau des Kärntner Landeshauptmanns. Ein Scherz? Eine Verwechslung! Der Empfänger ist bestürzt.

Der Empfänger ist Stefan Hafner, Kärntner Slowene. Gemeinsam mit Alexander Binder hat er den Dokumentarfilm F.A.Q. (Frequently Asked Questions) gedreht, der bei besagtem Vorkommnis, im Privaten seinen Ausgang nimmt. Allerdings hat schon diese Episode die Form einer Konstruktion - eines kleinen Animationsfilms nämlich.

F.A.Q. geht also spielerisch über landläufige dokumentarische Formen hinaus. Zugleich verweist er darauf, dass das Private hier als Material in einem anderen, größeren Zusammenhang fungiert. Rund um Fragen nach Identität, Sprache, gesellschaftlichen oder politischen Rahmenbedingungen, die in der Folge aufgeworfen werden, gewähren die formale Offenheit und der subjektive Zugang Handlungsspielraum. Somit zieht hier vieles auch gleich einen konkreten Eingriff nach sich.

Der Protagonist und Filmemacher begibt sich aus der Bundeshauptstadt nach Kärnten, genauer nach Feistritz, wie die Ortstafel und das Bahnhofsschild verkünden. Und er geht dort zunächst einmal seiner eigenen Familiengeschichte nach. Konsequenterweise wird das lakonische Home-Movie allerdings bald um historische Fakten erweitert. Die Volksabstimmung von 1920, die Deportationen von Slowenen während des Zweiten Weltkriegs, die in der österreichischen Verfassung verankerten Rechte der Volksgruppen und die anhaltende Blockierung von deren Durchführung, Stichwort: Ortstafeln - alles Themen in Interviews oder Gegenstand von Archivaufnahmen.

Probe aufs Exempel

Die eigene Biografie wird mit der politischen Vorgeschichte eng geführt und sodann in der Gegenwart die Probe aufs Exempel gemacht und im Gemeindeamt auf slowenisch die Anmeldung versucht. Der subjektive Faktor sorgt dabei für humoristischen Mehrwert, zum Selbstzweck wird er nie: Das ist eine der Stärken des Films und seiner Macher.

Es gibt nicht wenige Filme, denen im Verlauf die Luft ausgeht. Bei F.A.Q. ist das Gegenteil der Fall, er gerät mit der Zeit buchstäblich in Fahrt, bewegt sich noch weiter durchs Land. Die Straßenbefragungen, die Hafner dabei tätigt, unterlaufen zu diesem Zeitpunkt, vor dem Hintergrund des bis dahin Gesagten, die Gefahr simpler Pointen und vermitteln stattdessen alltägliche Doppelgleisigkeiten: Wer nach den Slowenen fragt, erhält abschlägige Antworten; wer dabei hartnäckig bleibt, der fördert allmählich viele kleine Familiengeschichten zutage, die zum Teil mit leichter Wehmut von einstiger Zweisprachigkeit handeln.

Die Reise führt bis über die Staatsgrenze nach Slowenien, wo man den Kärntner Slowenen aufgrund seines Akzentes erkennt. F.A.Q. versammelt also Bilder eines vielstimmigen Status quo und wendet diesen immer wieder ins Komische:

Eine junge Kärntner Slowenin meint lachend, sie spreche vor allem mit Kindern und mit Tieren Slowenisch. Der Filmemacher unternimmt sogleich einen Versuch - und siehe da: In Südkärnten flüchten die Katzen, wenn man sie mit "Katze!" zu locken versucht. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.06.2005)