Wien - Mit einer sozialwissenschaftlichen Studie hat die Paul Lazarsfeld-Gesellschaft für Sozialforschung die zu erwartenden Veränderungen am Arbeitsmarkt in den Grenzregionen Österreich-Ungarn-Slowakei-Tschechien untersucht.

Die Ergebnisse der um den Jahreswechsel 2004/05 durchgeführten Befragungen zeigen zwar einen recht deutlich vorhandenen Wunsch zahlreicher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den benachbarten neuen EU-Ländern, in Österreich zu arbeiten, doch bei der Realisierung dieses Wunsches haben bisher nur wenige der potenziellen Pendler und Migranten konkrete Schritte gesetzt, geht aus der am Montag bei einer Tagung in Wien präsentierten Studie hervor.

Slowakei mit größter Bereitschaft zur Mobilität

Von den in den slowakischen Grenzregionen Trnava/Tyrnau und Bratislava/Pressburg Befragten sind 36 Prozent grundsätzlich bereit, im Ausland zu arbeiten, Österreich als Zielland ziehen jedoch nur 12 Prozent der Befragten in Betracht.

In den ungarischen Grenzregionen Györ, Vas und Zala ist die Bereitschaft, im Ausland einen Job anzunehmen, mit 19 Prozent wesentlich niedriger, 12 Prozent würden einen Job in Österreich in Erwägung ziehen.

Am geringsten ist die Bereitschaft zur Mobilität in den untersuchten tschechischen Regionen Südböhmen, Südmähren und Nordmähren, wo nur 16 Prozent überhaupt zur Arbeit im Ausland bereit sind, nur 5 Prozent können sich eine Arbeit in Österreich vorstellen.

Höheres Gehalt

Das stärkste Motiv zur Mobilität ist das erwartete höhere Einkommen, wobei dieses mindestens doppelt so hoch wie das in der Heimat erzielbare Einkommen sein muss, um die Arbeit im Ausland überhaupt attraktiv zu machen.

Weitere Motive sind der erwartete bessere Lebensstandard und gute Beschäftigungsmöglichkeiten im Zielland sowie mangelnde ökonomische Aussichten im eigenen Land. Gegen die Mobilität sprechen am stärksten die Bindungen ans eigene soziale Umfeld von Familie und Freunden, die Heimatverbundenheit und vorhandener Besitz.

Von den zur Arbeit in Österreich grundsätzlich bereiten Nachbarn sind übrigens nur rund 10 Prozent derzeit arbeitslos, zwischen 14 Prozent (Ungarn) und 22 Prozent (Slowakei) studieren.

Scheint das potenzielle Migrantenpotenzial mit jeweils 12 Prozent in den slowakischen und ungarischen Grenzregionen sowie mit 5 Prozent in Ungarn recht ansehlich zu sein, so relativiert sich diese Zahl bei genauerer Betrachtung, erläuterten die Studienautoren Marc Bittner und Michaela Hudler-Seitzberger von der Paul Lazarsfeld-Gesellschaft.

Mangelnde Vorrausetzungen

Denn den Wunsch nach baldiger Arbeitsaufnahme im Ausland, passable Deutschkenntnisse und konkrete Vorbereitungen auf eine Jobaufnahme hat nur rund ein Prozent der Befragten in allen drei Ländern vorzuweisen.

Das "aktive Migrantenpotenzial" Richtung Österreich liege daher nur bei rund einem Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung in den untersuchten Grenzregionen der Nachbarstaaten Tschechien, Slowakei und Ungarn.

Bei Experteninterviews von Arbeitsmarktspezialisten zeigte sich ein differenziertes Bild: So wird in den Nachbarstaaten ein "Brain Drain" nach Österreich, also die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte befürchtet, während in Österreich die Sorge um eine Belastung des heimischen Arbeitsmarkts durch Pendler und Zuwanderer im Mittelpunkt steht.

Neue EU-Länder für Österreicher attraktiv

Für Österreicher sind die benachbarten neuen EU-Länder übrigens nicht sehr attraktiv: Nur rund ein Prozent der befragten Wiener, Niederösterreicher und Burgenländer ziehen einen Job in Ungarn, der Slowakei oder Tschechien überhaupt in Betracht.

Für die 30 Prozent der Wiener, 11 Prozent der Niederösterreicher und 14 Prozent der Burgenländer, die sich eine Arbeitsmigration ins Ausland grundsätzlich vorstellen können, gelten Deutschland, Großbritannien, andere EU-Länder oder die USA als Wunschziele. (APA)