Ein Werk Bonins aus der Serie von 1981: düstere Dokumente aus der Zeit vor dem großen Verfall der Michaeler Gruft. Jetzt soll das Werk mithelfen, die Särge zu retten.

Foto: Standard/Regine Hendrich
Wien - Im Jahr 1981 war Joachim Joac Bonin das erste Mal in der Michaeler Gruft, um die Särge und Mumien festzuhalten. "16 Stunden, ohne Pause, nicht ein einziges Mal bin ich auf die Toilette", erinnert er sich. "Ich musste hinunter, um wieder wirklich heraufkommen zu können. Ich war der Herr hier, schon deshalb, weil ich noch etwas anfangen kann, mit meinem Restleben."

Heuer stieg Bonin wieder hinunter in das Reich der mumifizierten Toten, wie auch Herwig Zens und Christoph Turecek. Um neue Bilder anzufertigen, von den akut vom Verfall bedrohten Särgen. Diesmal fiel Bonins Ergebnis bunter, gelöster, fast heiter aus. Obwohl er den Verfall und die zum Teil auseinander fallenden Särge abbildete.

Herwig Zens, der schon in aller Welt einschlägig tätig war - etwa auch bei den Mumien von Palermo - erinnert sich: "Ich hatte auf einmal eine junge weibliche Stimme am Telefon, die sagte: Ich habe gehört, wo Skelette sind, sind Sie zu Hause." Also arbeitete Zens in der Michaeler Gruft und war dabei, als der Sarg des Hofdichters von Maria Theresia, Pietro Metastasio, in der Michaeler Gruft geöffnet wurde, um ihn in eine neue, sicherere Ruhestätte umzubetten. "Mit dieser völlig sinnlosen Gesichtsmaske zu zeichnen war ein völlig neues Erlebnis."

Festmahl im Holz

Jetzt sind die Werke der drei Künstler in einer Ausstellung in der Michaeler Kirche zu sehen - und können auch erworben werden. Der Erlös kommt der dringlichen Sanierung der Gruft zugute. Wie DER STANDARD berichtete, sind die hölzernen und metallenen Särge, wie auch die Mumien durch die viel zu hohe Luftfeuchtigkeit akut bedroht. Dazu kommt noch der aus England eingeschleppte Rüsselkäfer, der im Holz der Särge täglich Festmahl hält.

Jetzt soll die frühere Durchlüftung der Gruft gemeinsam mit Bundesdenkmalamt und Stadt Wien wiederhergestellt werden. Die Kosten werden auf drei Millionen Euro geschätzt, ein Drittel will die Stadt Wien übernehmen.

Initiatorin der Kunstaktion ist Alexandra Rainer, die den Zustand der Gruft erforscht hat und nun die Sanierung koordiniert. Zur Ausstellung wurde nun auch eine Sonderausgabe ihres Buches "Die Michaeler Gruft in Wien - Retten, was zu retten ist" präsentiert. Die "normale" Dokumentation kostet 20 Euro - diese limitierte "Vorzugsausgabe" aber beinhaltet auch zwei Radierungen von Herwig Zens und zwei Holzschnitte von Christoph Turecek. Daher ist jeder dieser 20 Bände für wohlfeile 700 Euro erhältlich. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD - Printausgabe, 17. Juni 2005)