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Polnische Geschichtsbücher marginalisierten oft die Errungenschaften großer Frauen und die feministische Bewegung, so die Gleichstellungs- beauftragte.
Foto: APA/Jäger
Warschau - Die meisten Schulbücher in Polen sind frauenfeindlich. Zu diesem Schluss ist die Gleichberechtigungsbeauftragte der polnischen Regierung, Magdalena Sroda, gekommen. Von früh auf würden die Mädchen dadurch zu Unterwürfigkeit und Passivität erzogen. Sroda verlangt nun, dass das Bildungsministerium in Warschau den Inhalt von Lehrbüchern strenger kontrolliert.

Im Lesebuch der ersten Klasse der Grundschule sei "die Mutter" immer mit einem Geschirrtuch abgebildet. Von der aus Polen stammenden Pionierin in der Erforschung der Radioaktivität, der Physik-Nobelpreisträgerin von 1903 und Chemie-Nobelpreisträgerin von 1911, Marie Curie, sei nur als "der große Wissenschaftler" die Rede, so Sroda.

Marginalisierung von Leistung

"In den Wirtschaftskunde-Büchern ist der Manager meistens ein Mann, und die Frauen haben niedrigere Posten. Die Frau wird in den Schulbüchern gerne als Köchin, Kindermädchen, Wäscherin dargestellt. Die Geschichtsbücher marginalisieren oft die Errungenschaften großer Frauen und die feministische Bewegung", kritisiert die Gleichstellungsbeauftragte.

Der Grund für die Diskriminierung liegt für Sroda hauptsächlich in der Sprache. "Es ist eine Sprache von Männern, und an Männer gerichtet. Oft würden nur männliche Formen benutzt, beispielsweise "Bitte den Kollegen . . .", "Frage den Lehrer . . .", ohne die weiblichen Pendants (die Kollegin, die Lehrerin) anzuführen.

Fehlende Präsenz

Lob kam von Sroda für Schulbücher in Großbritannien, die viel Wert auf die Anführung beider Geschlechterformen, zum Beispiel he/she (er/sie), waiter/waitress (Kellner/Kellnerin), legten. Die Schulbuchautoren in Polen würden dagegen - zwar nicht absichtlich, aber "automatisch" - nur die männlichen Formen gebrauchen. Ohne eine Bewusstseinsänderung, würden Frauen in Polen im öffentlichen Leben nie richtig präsent sein, argumentiert die Regierungsbeauftragte.

Ein Anfang

Sroda erörterte das Problem am Mittwoch mit LehrerInnen, VerlegerInnen und SpezialistInnen. Sie forderte das Erziehungsministerium auf, die Schulbücher auf Defizite in Sachen Gleichberechtigung zu kontrollieren. Erziehungsminister Miroslaw Sawicki versprach, sich mit der Angelegenheit zu befassen: "Frau Sroda hat Recht, aber das Problem liegt darin, dass man die Sprachtradition nicht von einem Tag auf den anderen ändern kann. Wir beginnen aber, dies zu tun." (APA)