Carlo de Benedetti war über viele Jahre Geschäftsführer von Fiat und gilt auch heute noch als dem Unternehmen eng verbunden. Wenn er sagt: "Fiat hat keine Zukunftschancen mehr", dann ist das für die gesamte italienische Industrie ein Keulenschlag.

Eine Industrie, der die staatliche Airline Alitalia bald wegen Zahlungsunfähigkeit abhanden kommen könnte, eine Industrie, die gerade den Parmalat-Skandal verdaut hat und die in vielen Bereichen über kaum wahrnehmbare Exportquoten verfügt.

Eine Industrie, die durch allzu langen staatlichen Schutz nicht nur in der EU kaum konkurrenzfähig ist. Wenig verwunderlich ist das Ergebnis, dass das Land derzeit in einer handfesten Rezession steckt und selbst den gelockerten Stabilitätspakt nicht erfüllen kann.

Es klang schon fast wie ein Scherz, als General Motors Fiat im Februar 1,5 Milliarden Dollar bezahlte, um sich nicht am italienischen Konzern beteiligen zu müssen, und auch chinesische Interessenten sollen nach der Besichtigung der Werke in Turin vor einem Engagement höflich Abstand genommen haben.

Doch Fiat ist nicht allein: Eine Übernahme durch General Motors wäre wohl eine völliges Desaster geworden: GM selbst schreibt Milliardenverluste, die Anleihen des Konzerns besitzen nur noch Junk-Status, weitere 25.000 Stellen werden gestrichen. Es scheint, als ob die Zeit einiger großer Dinosaurier zu Ende geht.

Fiat war über Jahrzehnte mit der Herrschaft über den italienischen Markt zufrieden und muss nun feststellen, dass auch die treuesten Tifosi immer öfter zu anderen Marken greifen. Dazu kommt eine immense Unbeweglichkeit, der auch der österreichische Kurzzeitchef Herbert Demel zum Opfer fiel.

Das Ende von Fiat wäre eine Katastrophe für Italien. Das Ende von GM hingegen würde die gesamte Weltwirtschaft spüren. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.06.2005)