Wenn der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude Recht hat, hat die Bank Austria Creditanstalt ziemliches Glück gehabt. "Einen Alleingang würde die HypoVereinsbank nicht überstehen", meinte der Politiker zu der Fusion zwischen dem bayrischen Institut und der Mailänder UniCredit. Eine BA-CA, die in der Konkursmasse der HypoVereinsbank auf neue Eigentümer warten muss, das hat sich das österreichische Institut eigentlich nicht verdient.

In der Tendenz bestätigt wird die Aussage des Oberbürgermeisters durch die Börse. Die HVB ist derzeit inklusive 77 Prozent BA-CA gerade einmal 15 Milliarden Euro wert, das österreichische Institut alleine aber mehr als zwölf Milliarden. Daraus könnte man schließen, dass die HVB alleine gerade halb so viel Wert ist wie die Tochter BA-CA.

Die Frage an den ehemaligen starken Mann der Bank Austria, Gerhard Randa, warum er sich gerade dem maroden Münchner Institut an den Hals geworden hat, ist legitim - immerhin haben zehntausende ehemalige BA-CA-Aktionäre durch den Tausch in HVB-Papiere mehr als die Hälfte ihres Geldes verloren.

In der Antwort liegt der Grund, warum die aktuelle Entwicklung für das österreichische Institut vermutlich unter dem Strich ein Gewinn ist: Auch in Wien gab es einen Bürgermeister, der recht beunruhigt war, und das vermutlich zu Recht. Auch die Bank Austria Creditanstalt war vor der Fusion mit den Bayern keinesfalls die strahlende Braut, als die sie derzeit von populistischen Trittbrettfahrern aus der Politik gerne dargestellt wird. Aus der Übernahme der Creditanstalt stammten Geschäfte von Russland bis Argentinien, die Milliardenrisiken bargen. Risiken, die auch Österreichs größtes Geldinstitut in beträchtliche Schieflage hätten bringen können.

So gesehen zeigte sich die HVB als gute Mutter: Sie nahm der ächzenden Tochter die Risiken in Amerika und Russland ab und übertrug ihr dafür das ertragreiche Ostgeschäft.

Ohne diese im Bank-der-Regionen-Vertrag festgehaltene Geschäftsaufteilung hätte es die BA-CA heute beträchtlich schwerer, die Ostholding der neuen Mutter UniCredit nach Wien zu holen.

Für den Wirtschaftsstandort Wien bedeutet dies jedenfalls eine Aufwertung. Zusammen mit der Erste Bank und Raiffeisen ist es der BA-CA gelungen, die Bundeshauptstadt zu einem Ost-Finanzzentrum zu machen und damit Versäumnisse der Politik auszugleichen. Dort, wo Politiker mit ihrer überaus reservierten Haltung in den EU-Beitrittsverhandlungen und anderen Gelegenheiten (etwa Temelín) viel Porzellan zerschlugen, haben die Banken eine zweite, sehr erfolgreiche Schiene der Zusammenarbeit aufgebaut.

Weniger erfreulich ist die Sache für die Wiener Börse: Sie verliert einen ihrer wichtigsten Werte - der allerdings nur deswegen erneut emittiert wurde, weil die Mutter bereits in akuten Finanznöten war. Aktionäre, die sich vom HVB-Desaster nicht abschrecken ließen, haben seit Erstnotierung ihren Einsatz fast verdreifacht.

Dass eine Ostholding der UniCredit erneut an die Börse geht, ist eher unwahrscheinlich, denn immerhin ist das Geschäft mit den jüngsten EU-Mitgliedern das Familiensilber des neuen Bankenriesen, und die Aktien der Mailänder Bank ohne Ostfantasie viel weniger wert. Und das ist auch das größte Risiko für die BA-CA: Die UniCredit ist nicht so gut wie ihr Ruf. Die hohe Eigenkapitalverzinsung von 17 Prozent stammt aus einem Heimmarkt, der von teuren und relativ schlechten Dienstleistungen geprägt ist. Die Versuchung, den Bank-der-Regionen-Vertrag in Mailänder Salamitaktik schrittweise zu demontieren, könnte schon bald recht groß werden, wenn der Wettbewerbsdruck in Italien steigt und die Margen sinken.

Es ist zu hoffen, dass die BA-CA mit ihrer neuen Mutter bessere Erfahrungen macht als beispielsweise die Telekom Austria mit der Telecom Italia.

Unter dem Strich ist die Übernahme der HVB durch die UniCredit für die BA-CA und Wien ein erheblicher Gewinn - aber mit Restrisiko. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.6.2005)