Allmählich gehen selbst den optimistischsten Konjunkturforschern die Argumente aus, warum sich die Wirtschaft in Österreich und der Eurozone in absehbarer Zeit erholen soll. Seit dem Jahr 2002 wird vorhergesagt, dass der Aufschwung garantiert und unmittelbar bevorsteht. Jetzt haben wir 2005 und Quartal für Quartal werden die Konjunkturprognosen schon wieder nach unten revidiert. Gründe, warum das Wirtschaftswachstum anderswo stattfindet in der Welt, gibt es bekanntlich viele. Europäische Wachstumsraten von nur einem oder zwei Prozent, die nicht dazu angetan sind, die öffentlichen Haushalte zu sanieren oder die Arbeitslosigkeit zu senken, sind aber keine Naturgesetze.

Pessimismus verfestigt sich

Österreich befindet sich im fünften Jahr einer ausgeprägten Nachfrageschwäche. Private Haushalte, aber auch Unternehmen, sind und bleiben in ihrem Investitionsverhalten tief verunsichert. Die Art und Weise, wie entscheidende Zukunftsfragen - Pensionen, Gesundheit, Arbeitsmarkt, Globalisierung, EU versus USA und Asien - politisch diskutiert werden, verfestigt den Pessimismus, anstatt Aufbruchstimmung zu erzeugen. Ein Fernsehmoderator hat kürzlich sinngemäß den Ausspruch geprägt: Wenn die Krise immer auch eine Chance darstellt, müsste Europa ja ein einziges großes Hoffnungsgebiet sein. Grundvoraussetzung dafür wäre, der Bevölkerung endlich reinen Wein einzuschenken. Zu befürchten steht das Gegenteil. Die einen streiten über die Währungsunion, die anderen über die EU-Erweiterung und die Türkei-Frage, wieder andere wollen uns mit dem Humbug trösten, dass es ein Nulldefizit im Jahr 2008 auch ohne ein Sparpaket geben wird. Übrig bleibt unterm Strich die manchmal schon beängstigende Ratlosigkeit der europäischen Wirtschaftspolitik. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.6.2005)