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Aktion anlässlich des Welt-Nichtrauchertags in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia.

Foto: EPA/ANA NASCIMENTO
Wien/Graz/Linz/Klagenfurt/Innsbruck - Fast nostalgisch erinnert man sich an das Unipublikum der 70er Jahre. In der Linken der "Ekel" von Jean-Paul Sartre, das kleine Einmaleins für intellektuelle Anfänger, in der Rechten das unaufdringliche Accessoire eines jeden Freigeistes: Die Zigarette.

Doch diese Zeiten sind vorbei. "Das Bild ist einfach nicht mehr da, dass man sagt: Ein Philosoph muss mindestens soviel qualmen wie denken", sagt der Grazer Soziologieprofessor Manfred Priesching.

Seit Jänner 2005 ist Schluss mit der existenzialistischen Oralbefriedigung in der Uni. Die Tabakgesetz-Novelle verbietet das Rauchen in öffentlichen Gebäuden. Bestraft wird das Fehlen von Verbotsschildern, nicht aber das unbefugte Rauchen. "Wenn dann Aschenbecher unter Verbotsschilder aufgestellt werden, ermuntert das natürlich", kritisiert Manfred Neuberger, Vizepräsident der Initiative "Ärzte gegen Raucherschäden". "Ein Gesetz, das nicht durchgesetzt wird, ist schlechter als gar keines."

Die Grazer üben sich da in Apathie. "Das ist totes Recht. Ich habe wichtigere Sorgen, als dieses Gebot oder Verbot", ärgert sich Philipp Funovits, ÖH-Vorsitzender von der Fachschaftsliste.

Während Grazer Studenten weiter rauchen, patrouilliert man in Innsbrucks Fluren. Seit einem Jahr hat die Uni ihren Wachdienst mit der Einhaltung des Rauchverbots betraut. "Die sagen, dass sie zum Teil angestänkert werden, aber das hält sich in Grenzen", relativiert Martin Wieser, Vizerektor für Personal und Infrastruktur. Rauchenden Studenten mit Hausverbot zu drohen, findet er bedenklich.

Möglich wäre es, aber "das ist nicht exekutierbar. Das ist völlig illusorisch", erklärt Verfassungsexperte Heinz Mayer.

Dass die Unis auch anders können, beweist man in Klagenfurt. Nachdem diverse Aufklärungskampagnen fehlschlugen, führte die Unileitung "die Liste" ein. Wer unbefugt raucht, wird eingetragen. Beim dritten Mal folgt eine zweiwöchige Account-Sperre und dann ein Hausverbot. "Es ist noch nie passiert, weil sich keiner so oft verwarnen lässt", beruhigt Barbara Maier, Pressereferentin der Universität. Die Drohung scheint zu fruchten. Seit zwei Wochen ist die Uni rauchfrei.

Lockmittel: Feuerzeug

Etwas, das in Linz auch ohne angedrohte Sanktionen erreicht wurde. Mit der noch laufenden Kampagne "Smoke Fair - Schau auf deine Mitkollegen", dirigierte die Linzer ÖH ihre rauchenden Kommilitonen mit Wegweisern in die Raucherzonen. Als Lockmittel dienten Feuerzeuge. Eine Situation, die sich manche Studenten der Universität Wien wünschen würden. "Es wird einfach hingenommen, es gibt ja auch keine Sanktionen - was sollen die Leute befürchten?", beschwert sich Pädagogik-Studentin Petra Dryml (24). "Von einem Verbot merkt man nichts."

Denn die Beschilderung der Aschenbecher mit Verbotsklebern irritiert, das betont auch die Vorsitzende der ÖH Uni-Wien, Nina Abrahamczik. "Rauchverbot? Blödsinn, da stehen doch überall Aschenbecher", beteuert Publizistik-Student Markus Berger (25) und genießt seine Zigarette im neuen Institutsgebäude (NIG). Es werde gegen Raucher Stimmung gemacht. Niemand könne ihn einschränken. Doch diese Freiheit könnte bald ausgedämpft werden. Im Juni soll ein Treffen zwischen Vizerektor und ÖH die Handlungsalternativen klären.

Dass die problematische Durchsetzung auf die Größe der Uni zurück geführt werden kann, bestätigt der Wiener Soziologieprofessor Anselm Eder, der das Problem anderenorts sieht als bei beschilderten Aschenbechern: "Rauchen an den Universitäten zu verbieten wird erst dann funktionieren, wenn auch die Kommunikation unter den Studenten besser funktioniert als sie es derzeit tut." (Louise Beltzung, Solmaz Khorsand/DER UNISTANDARD, Printausgabe, 31.5.2005)