Deutsche Politik, österreichische Folge

STANDARD
Linz - Nur vier Prozent der Österreicher sehen einen sehr starken, weitere 14 einen immerhin noch großen Einfluss der politischen Entwicklung in Deutschland auf die nächsten Nationalratswahlen und die nächste Regierungsbildung in Österreich. Wenn die Entwicklung jemandem nutzt, dann der ÖVP und ihrem Kanzler Wolfgang Schüssel, ergibt eine in der Vorwoche durchgeführte market-Umfrage. Bei einer Direktwahl des Bundeskanzlers hätte Schüssel deutlich die Nase vorne: 41 Prozent (zwei Prozentpunkte mehr als noch im Februar) würden ihn direkt wählen.

Die Frage, welche österreichische Partei Vorteile und welche Nachteile aus dem CDU-Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen und den von der rot-grünen Koalition in Deutschland angestrebten Neuwahlen hätte, zeigt, wie wenig derzeit BZÖ und FPÖ zugetraut wird: "Dass die durch irgendeine äußere Entwicklung bei Neuwahlen Vorteile haben könnten, glaubt wahrscheinlich niemand. Wenn es Effekte gibt, dann würden diese am ehesten darin bestehen, dass die ÖVP versuchen könnte, rot-grün als gescheitertes Modell darzustellen - etwa jeder fünfte Befragte sieht daher Nachteile für SPÖ und Grüne", sagt market-Chef Werner Beutelmeyer.

Allerdings dürfe man das nicht überschätzen: Eine market-Umfrage für profil hat nämlich gleichzeitig ergeben, dass die Österreicher mehrheitlich - und in wesentlich höherem Ausmaß - der Meinung sind, dass die SPÖ von Herbstwahlen profitieren würde: 46 Prozent denken, dass vorgezogene Wahlen der SPÖ, nur 19 Prozent, dass sie der ÖVP nützen würden.

Wie schon seit Monaten liegt die SPÖ in der Sonntagsfrage knapp vor der ÖVP: 42 Prozent für die Sozialdemokraten, 40 für die Kanzlerpartei. Die Grünen kämen auf elf Prozent, BZÖ und FPÖ auf jeweils drei.

Als Kanzlerkandidat ist Amtsinhaber Schüssel allerdings klarer Favorit: 41 Prozent würden Schüssel direkt wählen - dies ist eine ähnlich hohe Zustimmung wie sie Schüssel vor der letzten Nationalratswahl hatte und eine wesentlich höhere als während der Pensionsdiskussionen der letzten beiden Jahre. Damals hatte Alfred Gusenbauer eine Zustimmung von 20 Prozent, in den letzten Monaten ist diese auf 16 Prozent zurückgegangen (der Wert war auch im Februar gleich).

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ist seit Februar von 16 auf zwölf Prozent zurückgefallen. BZÖ-Chef Jörg Haider wünschen sich nur vier, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zwei Prozent. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.5.2005)