Der Vorschlag von EU-Präsident José Manuel Barroso, eine europäische Eliteuniversität nach dem Vorbild des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zu gründen, stößt bei Experten, die die EU im Wissenschaftsbereich beraten, auf Widerstand. Die Vorsitzende des European Research Advisory Board (Eurab), die Österreicherin Helga Nowoty, spricht sich strikt dagegen aus. "Exzellenz entsteht nicht von einem Tag auf den anderen", sagte Nowotny im Gespräch mit dem STANDARD.

Schließlich sei das MIT 150 Jahre alt. "So etwas muss wachsen und aus den ,scientific communities' entstehen." Nowotny holt auch zu einem Seitenhieb aus, indem sie meint, dass Politiker "es lieben, etwas Neues inaugurieren zu können". Das Eurab ist ein aus 45 Mitgliedern bestehendes Gremium, das zur Hälfte aus Wissenschaftern und aus Fachleuten aus der Industrie besteht und so etwas wie ein "Thinktank" für die EU-Kommission ist.

Außerdem fürchten Nowotny und die anderen Eurab-Mitglieder, dass wegen des Finanzbedarfs einer solchen Eliteuni die Mittel für das European Research Council schrumpfen könnten, das über das neue EU-Rahmenprogramm finanziert werden soll. Diese Einrichtung, die im Aufbau ist und deren Führung spätestens im September präsentiert werden soll, ist darauf ausgelegt, "Exzellenz mit strategischer Relevanz zu verbinden", betont Nowotny.

Auf Basis des Wettbewerbs soll damit die Grundlagenforschung in Europa und auch der Zugang zu Mitteln verbessert werden. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass sich die Standards in den einzelnen Ländern anheben lassen. In einer Stellungnahme verweist Eurab auch darauf, dass das jährliche Budget des MIT 1,4 Milliarden Euro beträgt, und stellt damit die Frage, wer die Kosten tragen soll.

Die erhoffte Vernetzung durch das angestrebte European MIT gebe es außerdem durch einen intensiven Austausch zwischen technischen Hochschulen bereits. Nowotny lehnt sich auch an den Begriff "Eliteuniversität" an, zumal damit in Österreich die von Anton Zeilinger propagierte Idee verbunden ist. Sie kann der Idee aber eine positive Seite abringen: dass Europa eine bessere universitäre Ausbildung brauche.

Geradezu lächerlich findet Nowotny die von EU-Abgeordneten ernsthaft vorgebrachte Idee, das Gebäude des EU-Parlaments in Straßburg für eine solche Eliteuniversität zu nutzen. Bekanntlich wollen viele Mandatare den Parlamentssitz ganz nach Brüssel verlegen und suchen krankhaft eine Lösung für die Nachnutzung des Gebäudes in Straßburg.

Mehrere EU-Staaten haben sich als Standort angeboten. Auch Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hat am Rande des EU-Rates im April Österreich dafür angepriesen, aber hinzugefügt, der Vorschlag sei "auf EU-Ebene noch nicht ausdiskutiert". Dieser Ansicht ist auch Helga Nowotny. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27. 5. 2005)