Haider: "Wenn Schüssel dabei bleibt, was wir in der Koalition ausgemacht haben, ist es für uns beide eine gute Ausgangsposition, in Wahlen zu gehen."

foto: standard/corn
BZÖ-Chef Jörg Haider spekuliert über vorgezogene Neuwahlen: Sie sind für ihn während der EU-Präsidentschaft "nicht unrealistisch". Sein Wahlkampfthema hat er schon gefunden: eine neue Steuerreform für 2007. Mit ihm sprach Barbara Tóth.

***

STANDARD: Sie wollen eine Steuerreform mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Euro und fordern von der ÖVP die Einsetzung einer Reformkommission. Bis wann sollen Ergebnisse vorliegen?

Haider: Die Kommission soll jedenfalls im Herbst einsetzen. Ich denke, dass die Ergebnisse noch vor der Wahl vorgestellt werden sollen, damit die Bürger eine Entscheidungsgrundlage haben. Die Steuerreform soll Anfang 2007 in Kraft treten.

STANDARD: Wie wollen Sie 2,5 Milliarden an Steuerentlastungen gegenfinanzieren? Nur mit Verwaltungsreform und Privilegienabbau lässt sich das nicht machen.

Haider: Die Frage ist, ob es eine eins zu eins Gegenfinanzierung geben soll. Zuerst sollen die Einsparungspotenziale gesichtet werden.

STANDARD: Den Rest würden Sie auch zulasten des Budgets finanzieren?

Haider: Wenn es konjunkturell notwendig ist, ist das sicherlich gescheit.

STANDARD: Im Klartext heißt das: Sie wünschen sich ein schwarz-oranges Steuerzuckerl auf Pump für den Wahlkampf im Jahr 2006?

Haider: Besser ein Zuckerl als saure Drops.

STANDARD: Kanzler Wolfgang Schüssel hätte mit vorgezogenen Neuwahlen während der EU-Präsidentschaft kein Problem. Wie sehen Sie das?

Haider: Ich glaube auch nicht, dass das ein großes Problem wäre. Möglicherweise ist das für ihn sogar angenehm, wenn er bei dem bleibt, was wir ausgemacht haben: nämlich dass es keine Erhöhung der EU-Nettozahlerposition Österreichs gibt. Wenn Schüssel dabei bleibt, was wir in der Koalition ausgemacht haben, ist es für uns beide eine gute Ausgangsposition, in Wahlen zu gehen.

STANDARD: Für Sie sind Wahlen im Frühsommer 2006 also nicht unrealistisch?

Haider: Sie sind nicht unrealistisch und eine strategisch interessante Variante. Wir können zeigen, Österreich kann in der EU etwas durchsetzen. Gleichzeitig sparen wir uns eine Menge Geld beim EU-Budget- mindestens die Hälfte von dem, was wir für die Steuerreform brauchen würden, hätten wir dadurch in der Kasse.

STANDARD: Ist das BZÖ überhaupt startklar für Wahlen? Ihr geschäftsführender Obmann Hubert Gorbach denkt ja bereits lieber über einen Wechsel in die Privatwirtschaft nach?

Haider: Wir sind in der Lage, einen größeren Wahlkampf zu führen. Was Gorbach betrifft, habe ich eine schlüssige Erklärung, die in seinem privatesten Bereich begründet ist und die ich daher nicht öffentlich machen möchte.

STANDARD: Das klingt kryptisch.

Haider: Ich will das so stehen lassen.

STANDARD: Ihre Vorgängerin Susanne Riess-Passer steht wegen mutmaßlichem Spesenmissbrauch unter Beschuss.

Haider: Sie war immer korrekt und hat immer Ordnung in finanziellen Dingen gehabt, deshalb kann ich mir schwer vorstellen, dass solche Dinge stattgefunden haben.

STANDARD: Sie selbst hatten von 1999 bis 2002 für "bundespolitische Aktivitäten" pro Jahr drei bis fünf Millionen Schilling zur Verfügung. Wofür?

Haider: Reisekosten, Flüge, etwa wenn ich zu Verwaltungsreformverhandlungen dreimal die Woche zwischen Klagenfurt und Wien hin- und herpendle. Oder Wahleinsätze in Bundesländern über Ersuchen der Bundespartei. Der Rahmen lag bei etwa zwei Millionen und wurde nie ausgeschöpft. All das ist im Kontrollbericht der Partei festgehalten. Auch ich bin untersucht worden von der Finanz, es hat sich alles als korrekt herausgestellt.

STANDARD: Sie sind bekannt für Ihre wechselnden Outfits. Haben Sie, wie es Riess-Passer vorgeworfen wird, Schuhe und Gewand, die Sie "berufsbedingt" brauchen, von der Partei finanzieren lassen?

Haider: Ich kaufe immer wieder Schuhe und Krawatten, aber die kaufe ich selbst.

STANDARD: Der deutsche "Spiegel" hat unlängst einen Stilwechsel an Ihnen bemerkt. Sie bevorzugen jetzt "dunklen Zwirn und randlose Brille" - wie ein "Wirtschaftsprüfer".

Haider: Ich möchte Politik so machen, wie sie mir sinnvoll erscheint. Hinter mir liegen 15 Oppositionsjahre, wo ich ständig angreifen musste. Jetzt gibt es die Möglichkeit zu zeigen, wie man Lösungen bringt: Steuerreform, Kindergeld, Frauenpension, Asylgesetz und jetzt die Volksabstimmung für die EU-Verfassung, die nach dem Votum in Frankreich am Wochenende neue Dynamik bekommen wird. Das fasziniert mich mehr, als gegen alles zu sein. Randlos ist die Brille übrigens nicht.

STANDARD: Ist Altern für Sie ein Problem?

Haider: Nein, jede Phase hat ihre schönen Seiten.

STANDARD: Brad Pitt, George Clooney, Tom Cruise - mit wem identifizieren Sie sich?

Haider: Schon eher mit Brad Pitt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27. Mai 2005)