Besseres Lernen auf den "Brettern, die die Welt bedeuten" - eine deutsche Schule macht es vor.

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Keine Noten, kein Sitzenbleiben, viel Theater und keine Leistungsgruppen: Für die Helene-Lange-Schule im hessischen Wiesbaden war die Pisa-Studie dennoch kein Schock, vielmehr hat die öffentlich geführte integrierte Gesamtschule landesweit am besten abgeschnitten. Am Dienstag war deren Leiterin, Enja Riegel, auf Einladung der sozialdemokratischen Fraktion des steirischen Landesschulrates (LSR) zu Gast im Grazer Presseclub.

Anstrengend, aber versprechend

In allen PISA-Disziplinen hätten die Schüler der von Riegel vor 19 Jahren gegründeten Schule sehr gute Plätze erreicht, so Riegel. Dabei vertritt die Direktorin ausgefallene Konzepte: "Theater ist das Ernsthafteste an der Schule", sagt sie beispielsweise. Ganze vier Wochen haben die zehn- bis 16-Jährigen keinen "Unterricht" - weil sie eine Theaterproduktion vorbereiten: "Wer sich so einer großen Herausforderung stellt, die größten Mut kostet, der spürt, dass er was leisten kann." Auch wenn es zuweilen anstrengend sei, mache die eigene Wirksamkeit Freude und Stolz auf das Erreichte und schaffe Selbstbewusstsein, so Riegel.

Schüler und Lehrer putzen

Damit man sich die Arbeit mit Regie-Profis leisten kann, übernehmen Schüler und Lehrer den Putzdienst: "Das fördert auch die Verantwortung von Lehrern und Schülern für ihre Schule". Groß geschrieben wird die Teamarbeit: Ein Team aus acht bis zehn Pädagogen begleitet über alle sechs Jahre die Schüler. "Das verhindert das Einzelkämpfertum und das Gefühl, alleine ohnmächtig zu sein", so Riegel. Die Klassen umfassen maximal 25 Schüler, Leistungsgruppen gibt es keine. Nach Abgang von der Schule machen rund 50 Prozent das Abitur.

"Mit Bürokraten geht das nicht"

Das Riegelsche Modell gehört in Deutschland zu den Ausnahmen. Die Gründerin sieht einen Teil des Problems auch bei der Politik, die ihr Modell nur dulde, den anderen bei den Schulleitern: "Mit ihnen steht und fällt alles, wenn Schulleiter Bürokraten sind, funktioniert das nicht. Direktoren müssen Verantwortung übernehmen". Um erfolgreich zu sein, sollten Schulen wie Unternehmen geleitet werden, so Riegel. Das heißt für sie auch, das sich Direktoren ihre Lehrer aussuchen und bei Bedarf auch kündigen können.

"Pädagogisch unsinnige Trennung der Schüler"

Das deutsche Beispiel zeige, dass auch ohne von oben vorgegebene Schulreform Schulen ihre Ziele ändern können, so der Vizepräsident des LSR für Steiermark, Dietmar Dragaric. Freilich müsse dafür die Schulautonomie besser verankert werden - und von der "pädagogisch unsinnige Trennung der Schüler" abgegangen werden. In rund 50 österreichischen Modellschulen seien Ansätze der Helene-Lange-Schule auch in Österreich und der Steiermark vorhanden. 150 bis 200 in Österreich bzw. 30 in der Steiermark würde sich Dragaric fürs Erste wünschen. (APA)