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Rot und Grün driften auseinander

foto: apa/dpa/dpaweb
Während sich FDP und Union klar zueinander bekennen und Rot-Grün gemeinsam stürzen möchten, distanziert sich die SPD von den Grünen. Schröder will für sich alleine kämpfen.

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Erst vor zwei Tagen hat die SPD ihren großen Coup gelandet und nach den herben Verlusten in Nordrhein-Westfalen Neuwahlen angekündigt. Mittlerweile befindet sich Deutschland bereits im Wahlkampf. Kanzler Gerhard Schröder beschreibt in einem Interview mit der Zeit, wie er um Stimmen kämpfen will: allein mit der SPD, ohne klare Koalitionsaussage für Rot- Grün. In einer "Wahlauseinandersetzung sucht jeder das größtmögliche Maß an Wählerstimmen gegen jeden anderen Konkurrenten zu gewinnen. Das ist eine Selbstverständlichkeit", erklärt er.

Seine "argumentative" Wahlkampagne soll voll auf ihn zugeschnitten sein. Schröders Strategen vertrauen also auf den Kanzler-Bonus, denn diesen hat er CDU-Chefin Angela Merkel voraus.

Zwar sind die Umfragewerte für die SPD seit Monaten miserabel, während jene der CDU/CSU immer besser werden. Doch auf die Frage, wen sie bei einer Direktwahl lieber wählen würden, haben die Deutschen bis jetzt Schröder favorisiert. Laut einer Blitzumfrage des ZDF liegen die beiden jetzt aber zum ersten Mal Kopf an Kopf.

Auch im Jahr 2002 sind SPD und Grüne ohne eindeutige Koalitions-Aussage in die Wahl gegangen. Vorigen Sommer jedoch, bei einer Regierungsklausur in Brandenburg, haben Schröder und sein grüner Vize Joschka Fischer noch sehr deutlich gemacht, dass sie die nächste Bundestagswahl als gemeinsames Gespann bestreiten wollen.

"Eigenständiges Profil"

In der SPD wird Schröders Schwenk positiv aufgefasst. Auch Kurt Beck, SPD-Vize und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, sagt: "Es wird nicht um Rot-Grün gehen, sondern um die SPD." Vom saarländischen Parteichef kommt ebenfalls Zustimmung: "Die SPD muss – glaube ich – in diesem jetzt sehr kurzem Wahlkampf ein sehr eigenständiges Profil haben."

Schröder weiß, dass in Nordrhein-Westfalen nicht nur die SPD alleine verloren hat, sondern auch Rot-Grün gemeinsam. Zudem haben sich die Grünen in den vergangenen zwei Jahren oft für noch schärfere Reformen eingesetzt. Das könnte noch mehr traditionelle Sozialdemokraten verprellen.

Nicht ganz auszuschließen ist, dass der Kanzler sein Team und die Wähler auf eine mögliche große Koalition vorbereiten will, was die CDU/ CSU derzeit ablehnt. Ein solches Bündnis hatte er auch 1998 im Sinn. Dass es dann zur ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene kam, geht auf den damaligen SPD- Vorsitzenden Oskar Lafontaine zurück. Er hat dieses Bündnis damals durchgesetzt.

Die Grünen beteuern zwar, dass auch sie einen eigenständigen Wahlkampf führen wollen. Doch Fraktionschefin Katrin Göring-Eckart weist darauf hin, dass letztendlich doch auf der einen Seite Rot-Grün und auf der anderen CDU/ CSU-FDP stünden.

Klar Schwarz-Gelb

Weniger Berührungsängste hat man im anderen Lager. "Für uns steht außer Frage, dass Union und Liberale nur gemeinsam als Alternative zu Rot-Grün auftreten können", betont Merkel. Auch FDP- Chef Guido Westerwelle sagt diesmal: "Wir setzen hier ganz klar auf Schwarz-Gelb statt Rot-Grün." 2002 hat Westerwelle die Koalitionsfrage offen gelassen, was die FDP einige Stimmen gekostet hat.

Keine Unterstützung kann sich Schröder von den Gewerkschaften erwarten. DGB- Chef Michael Sommer will keine Wahlempfehlung abgeben. Zwar hat sich das Verhältnis zwischen der SPD und den Gewerkschaften wieder entkrampft. Doch gänzlich haben die Arbeitnehmer-Vertreter Schröders Arbeitsmarktreformen immer noch nicht verdaut. (DER STANDARD, Printausgabe, 25./26.5.2005)