Helmut Kohls "Mädchen" hat man sie genannt, damals, als der "Kanzler der Einheit" sie als Frauen- und Jugendministerin in sein Kabinett berief. Jung, ostdeutsch, Frau - das passte Kohl im Jänner 1991, kurz nach der Wiedervereinigung, gut ins Konzept. Bevor 1998 Rot-Grün an die Macht kam, war sie noch Umweltministerin.
Erst ein paar Jahre ist das her, doch unendlich lange scheint diese Zeit zurückzuliegen. Mittlerweile ist Merkel am vorläufigen Höhepunkt ihrer zweiten Karriere angekommen. Diese begann 1999, als die CDU vom Spendenskan- dal ihres Altkanzlers heimgesucht wurde. Merkel getraute sich das bis dahin scheinbar Unmögliche: Sie setzte sich von ihrem Mentor ab, und das war ihrem beruflichen Fortkommen sehr förderlich. Als Generalsekretärin führte sie ihre verschreckte Partei behutsam, aber unerbittlich in ein neues Zeitalter - in die Ära nach Kohl.
Vor fünf Jahren wurde sie in Essen zur neuen Parteichefin gewählt. Die Basis jubelte ihr zu, und die männlichen CDU-Granden mussten auch in die Kameras lächeln. Doch nicht wenige von ihnen betrachteten Merkels Wahl als eine Art Betriebsunfall, den es durch die alsbaldige Kür eines Mannes auszumerzen gelte.
Doch sie haben sich getäuscht. Merkel ist immer noch da. Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble, Friedrich Merz - an ihnen allen ist sie vorbeigezogen. Nur an Edmund Stoiber hat sie sich fast die Zähne ausgebissen, als dieser 2002 partout Kanzlerkandidat werden wollte. Merkel litt schweigend und wartete. Jetzt aber ist sie dran.