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Jaap de Hoop Scheffer: "Eine europäische Integration, die sich gegen die USA richtet, landet in einer Sackgasse."

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Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer verfolgt die Neutralitätsdebatte in Österreich, will sich jedoch nicht einmischen. Er verweist aber darauf, dass die geplanten EU-"Battlegroups" auch zum Kämpfen eingesetzt werden.

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Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer verfolgt die jüngst aufgeflammte Debatte über die Neutralität in Österreich "mit großem Interesse", wie er zum Standard sagte. "Aber das führt nicht zu einer Position der Nato betreffend Österreich. Der Wunsch nach einer Nato-Mitgliedschaft oder das Fehlen eines solchen Wunsches liegt alleine bei Österreich. Die Nato respektiert voll die Position des Landes."

In Anspielung auf die in Artikel 5 des Nato-Vertrags stehende Beistandsverpflichtung, die für ein neutrales Land wie Österreich Probleme bedeuten würde, sagte de Hoop Scheffer: "Jeder weiß, was Nato-Mitgliedschaft bedeutet und was im Washingtoner Vertrag steht." Gleichzeitig betonte der Nato-Generalsekretär, dass Österreich der Organisation ja im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden verbunden sei. Den Beitrag von 551 österreichischen Soldaten im Rahmen der Kfor-Mission im Kosovo und die Entsendung von drei Bundesheerangehörigen zur Isaf-Mission nach Afghanistan bezeichnete er als "subs^tanziell und beachtlich".

De Hoop Scheffer verwies darauf, dass aber auch die Beteiligung an der militärischen EU-Einsatztruppe, den so genannten "Battlegroups", Kampfeinsätze bedeute. "Es kann notwendig sein, Werte mit Waffen zu verteidigen, wie das die Nato im Kosovo tat. Die Battlegroups sind auch für Rollen vorgesehen, die Kämpfe beinhalten können."

Die Nato und ihre Partnerschaftsländer müssen realisieren, dass man von Zeit zu Zeit für die Werte kämpfen müsse. "Das kann nicht immer nur Friedenserhaltung im traditionellen Sinne sein. Ich glaube, das haben Ihre Staaten schon verstanden", sagte der Nato- Generalsekretär zu Journalisten aus fünf neutralen Ländern, die er am Montag zum Interview eingeladen hatte.

Der Niederländer sprach sich für eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik der EU aus, warnte aber, dass sie nicht gegen die USA gerichtet sein dürfe. "Eine europäische Integration, die sich gegen die USA richtet, landet in einer Sackgasse. Das haben wir im Irak gesehen. Das hat auch zu einer Spaltung in Europa geführt."

Dass die EU mehr Aufgaben im Verteidigungsbereich übernimmt, sieht de Hoop Scheffer nicht als Bedrohung für die Nato: Wenn die EU ihre Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickle, könne sie einen größeren Teil der Bürde übernehmen. Da aber auch die Nato eine Eingreiftruppe aufstelle, müsse künftig gemeinsam mit dem EU- Außenpolitikrepräsentanten Javier Solana entschieden werden, "wer wen wohin schickt, wenn wir eine Krise haben".

Der Nato-Generalsekretär sieht die Antwort auf die Bitte der Afrikanischen Union, doch im Sudan eine Friedensmission zu starten, als "Testfall, wie die Zusammenarbeit zwischen EU und Nato funktioniert". Es "wäre absurd und lächerlich, wenn die EU und Nato nach so einer Anfrage nicht eng zusammenarbeiten würden. 10.000 Menschen sterben pro Monat."

De Hoop Scheffer hat für heute, Dienstag, zum Sicherheitsforum des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrates mit den Außenministern der Nato und ihrer Partnerländer erstmals auch Vertreter von Nicht-Regierungsstaaten eingeladen: "Wir erwarten uns davon wichtige Impulse." (DER STANDARD, Printausgabe, 24.5.2005)