Bagdad/Ankara - Mit der Gründung einer politischen
Dachorganisation wollen die Sunniten im Irak ihren seit der
militärischen Niederwerfung des Baath-Regimes von Saddam Hussein
durch die USA zurückgedrängten Einfluss stärken. Mehr als 1000
Geistliche sowie Vertreter sunnitischer Stämme und politischer
Parteien erklärten am Samstag in Bagdad, alle Sunniten im Irak würden
die Entscheidungen der neuen Organisation akzeptieren. Ihre erste
Forderung ist der Rücktritt des schiitischen Innenministers Bayan
Jabbor. Von den 37 Ministerposten sind nur sechs mit sunnitischen
Persönlichkeiten besetzt.
Vorwurf der Ermordung sunntischer Geistlicher
Die Sunniten verurteilten Razzien in ihren Moscheen. Sie forderten
die Einrichtung eine unabhängigen Komitees, das prüfen solle, ob
Häftlinge gefoltert oder getötet worden seien. Innenminister Jabbor
wies den Vorwurf zurück, die Regierung sei in die Ermordung
sunnitischer Geistlicher verwickelt. Er lehnte einen Rücktritt ab.
Teure Anschläge
Die zahlreichen Anschläge auf Pipelines und Elektrizitätswerke
verzögern nach US-Angaben den Wiederaufbau und verteuern ihn
erheblich. Der Direktor des amerikanischen Büros für den
Wiederaufbau, Bill Taylor, erklärte am Samstag, die
Sicherheitsvorkehrungen für die Projekte müssten immer weiter
verstärkt werden und verursachten mittlerweile 16 Prozent der Kosten.
Außerdem schreckten dringend benötigte Investoren vor einem
Engagement im Irak zurück.
Ibrahim al-Jaafari in der Türkei
Ministerpräsident Ibrahim al-Jaafari beendete unterdessen seinen
Besuch in der Türkei. Vor seinem Abflug sagte er, die ausländischen
Truppen sollten den Irak erst verlassen, wenn die eigenen
Sicherheitskräfte vollständig im Einsatz seien. Der Irak mache
derzeit eine schwierige Phase durch. Der Zeitpunkt des Abzugs der
US-geführten Koalition hänge davon ab, dass die irakische Armee
allein für Sicherheit sorgen könne. Die Türkei hat dem Irak
angeboten, ihm bei der Ausbildung von Polizisten und Soldaten zu
helfen. Der Irak müsse aufhören, "ein Trainingslager für Terroristen"
zu sein, forderte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip
Erdogan. Nach seinen Angaben erklärte sich der Gast aus Bagdad
bereit, auch etwas gegen die schätzungsweise 5000 türkisch-kurdischen
Rebellen zu tun, die Unterschlupf im Nordirak gefunden haben.
(APA/AP)