Sollte man sich deswegen Sorgen machen oder doch eher entspannt auf die Selbstreinigungskräfte der Sprache vertrauen? Und wenn man an dieser Schreib- und Sprechweise etwas auszusetzen hat, wem steht es dann zu, den Richter zu spielen? Deutschprofessoren, Zeitungsredakteuren, dem Bildungsministerium, Mitgliedern der Duden-Kommission? Diese und ähnliche Fragen erörtert Zimmer in seinem neuen Sprachbuch in gewohnt gründlicher und kluger Manier.
Zimmer konstatiert zunächst ein anhaltendes Auseinanderklaffen von öffentlicher Sprachkritik und Wissenschaft. Bücher und Kolumnen, wie man zu sprechen und zu schreiben habe, erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit; die Linguistik dagegen enthält sich hartnäckig einschlägiger Werturteile und zieht sich auf einen bloß beschreibenden Standpunkt, der der einzig wissenschaftliche sei, zurück. Aus der Perspektive der universitären Linguistik erscheint Sprachkritik als theoretisch nicht fundiert, beliebig und geschmäcklerisch.
Zimmer selbst votiert in seinem Buch, das sich an den sprachbewussten Laien wendet, für einen Mittelweg: "Lass Deine Sprache nicht allein", fordert er, aber er plädiert auch nicht für Sprachnormen. Denn, so eine wichtige Klarstellung des Autors: Eine effektive sprachliche Normsetzungskompetenz kommt nur sehr wenigen Instanzen zu.
Eine ist der Staat, der den Schulen und Behörden seine Rechtschreib- und gesetzlichen Gleichstellungsnormen auferlegt, die andere Instanz sind die Normungsinstitute, denen die Vereinheitlichung der technischen Terminologie obliegt. Wenn darüber hinaus an der Sprache gearbeitet werden soll, dann bedarf es einer Bewusstheit, einer Awareness bei jedem einzelnen Sprachbenutzer.
Apropos Awareness: Eines der interessantesten Kapitel des Buches hat Zimmer der Frage der Anglizismen gewidmet, die nicht nur in ansehnlicher Zahl in den deutschen Wortschatz eindringen, sondern sich auch in den syntaktischen Strukturen breit machen ("to make sense", "Sinn machen" statt "Sinn ergeben"; "Wir hatten damals einfach Spaß" etc.). Zimmer sieht mehrere Gründe für diese Einwanderungsbewegung: den coolen Nimbus des Englischen etwa, den Umstand, dass sich viele Sachverhalte im Englischen einfach knapper auf den Punkt bringen lassen, oder den Mangel an befriedigenden Äquivalenten. Ein deutsches Wort, das alle Bedeutungsnuancen von "cool" adäquat wiedergibt, existiert schlicht nicht.