Washington - Ein vertraulicher US-Militärbericht belegt nach Informationen der "New York Times" (NYT) umfassende Misshandlungen von Gefangenen durch junge und schlecht ausgebildete US-Soldaten in Afghanistan. Die Misshandlungen seien in einem fast 2000-Seiten-Dokument einer Untersuchungskommission der US-Armee detailliert beschrieben, berichtete die Zeitung am Freitag. Im Zentrum der Foltervorwürfe stehe der Tod zweier Gefangener Ende 2002 im US-Luftwaffenstützpunkt Bagram (Baghram) nördlich Kabuls.

Laut dem Zeitungsbericht wurde einer der beiden, ein 22-jähriger ehemaliger Taxifahrer, vor seinem Tod mehrere Tage lang an den Handgelenken in seiner Zelle aufgehängt und von Soldaten an den Beinen geschlagen. In dem Militärbericht würden jedoch auch viele weitere Misshandlungen beschrieben.

So hätten Soldaten in eidesstattlichen Erklärungen über weibliche Vernehmungskräfte ausgesagt, diese hätten Häftlingen auf den Nacken und in die Genitalien getreten. Anschließend hätten die sich unter Schmerzen windenden Gefangenen den Soldatinnen die Stiefel küssen müssen, berichtete die Zeitung, der nach eigenen Angaben eine Kopie des Berichts vorlag.

In einem anderen Fällen seien Häftlinge gezwungen worden, Flaschendeckel aus einer mit Exkrementen und Wasser gefüllten Tonne zu fischen. Auf diese Weise hätten die Gefangenen für die Vernehmung gefügig gemacht werden sollen.

"Isolierte Problemfälle"

US-Regierungsvertreter hatten die Misshandlungen in Bagram bisher als "isolierte Problemfälle" bezeichnet, die eingehend untersucht würden. "Was wir während der Untersuchungen gelernt haben, ist das Menschen dort jeglichen Standard menschenwürdiger Behandlungen missachtet haben", zitierte die "New York Times" einen Pentagon-Sprecher.

Die Ermittler der US-Armee hatten bereits im vergangenen Oktober empfohlen, gegen 27 Soldaten Anklage wegen Totschlags, Körperverletzung, Verstümmelung oder Verschwörung zu erheben. Laut NYT erhielten bisher zwei Vernehmungsbeamte einen Verweis, sieben Soldaten seien angeklagt worden. Die meisten Verdächtigen hätten jegliches Fehlverhalten bestritten. (APA/Reuters)