Berlin - Die deutsche Bundesregierung hat gelassen auf die Kritik Chinas an UNO-Reformplänen reagiert, hinter denen auch Deutschlands Interesse an einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat steht. Regierungssprecher erklärten am Mittwoch in Berlin, "sehr vorläufige Kommentare" sollten nicht überbewertet werden. Eine breite Unterstützung in der UNO-Generalversammlung für die Reform werde erwartet.

Deutschland und die drei Partnerländer Japan, Brasilien und Indien hatten den Angaben zufolge mit ihrem Vorstoß am Wochenende in der seit Jahren schwelenden Reformdebatte "eine neue Phase eingeläutet". Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte: "Mit der erstmaligen Vorlage eines Resolutionsentwurfs ist der Schritt vom Abstrakten zum Konkreten vollzogen." Jetzt gelte es, den weithin erkennbaren Wunsch nach Reformen umzusetzen. Der Entwurf sei am Wochenende an fast 60 Staaten verteilt worden. Erwartet würden nun "intensive Debatten" mit anderen Staaten.

Ständiger Sicherheitsrats-Sitz ohne Veto-Recht

Die vier Länder streben einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat an, sind aber notfalls bereit, auf ein Vetorecht zu verzichten. Für die Reform ist eine Zweidrittel-Mehrheit in der Generalversammlung erforderlich. Das sind 128 der 191 Stimmen. Die fünf ständigen Mitglieder und Veto-Mächte im Sicherheitsrat haben in der Generalversammlung kein Einspruchsrecht. Allerdings scheitert die Reform, wenn sie von den Veto-Mächten nicht ratifiziert wird.

Die Zahl der ständigen Sitze soll laut Resolutionsentwurf um sechs erweitert werden. Dabei sollen außer den vier genannten Ländern auch zwei afrikanische Staaten aufgenommen werden, wobei sich die Afrikanische Union zwischen den möglichen Kandidaten Ägypten, Nigeria und Südafrika entscheiden muss.

Diplomatisches Manöver

China hatte sich gegen die Erweiterungspläne gewandt, weil die Debatte nach Meinung Pekings darüber noch nicht abgeschlossen sei. Die Kritik gilt jedoch vorrangig als diplomatisches Manöver gegen den asiatischen Rivalen Japan, nicht gegen Deutschland.

Heftige Kritik übte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg an Reaktionen von Union und FDP, die eine Niederlage von Bundeskanzler Gerhard Schröder durch die ablehnende Haltung Chinas diagnostizierten. Dies sei "zum Teil an Provinzialität nicht zu überbieten", sagte Steg. Gerade China habe deutsche Ambitionen stets unterstützend bewertet.

Ziel der Reform ist eine Anpassung der UNO-Strukturen, die bis heute die Machtverteilung nach dem Zweiten Weltkrieg widerspiegeln. Neben den bisher fünf und künftig möglicherweise elf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats gehören dem Gremium bisher zehn nichtständige Mitglieder an, die jeweils für zwei Jahre gewählt werden. Dieser Kreis soll laut Plan um vier Mitglieder erweitert werden und zwar um je einen nichtständigen Sitz für Afrika, Asien, Osteuropa und Lateinamerika einschließlich der Karibik. Der künftige Sicherheitsrat könnte damit 25 statt bisher 15 Mitglieder umfassen. Die Grundsatzentscheidungen zur Reform müssen bis zur Sommerpause im August fallen. (APA/AP)