Der oberösterreichische Diözesanbischof Maximilian Aichern ist mit päpstlicher Zustimmung zurückgetreten. Kircheninsider zweifeln aber am freiwilligen Rückzug des 73-Jährigen und sprechen von einer "Entmachtung".

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Linz - "Es ist schon gut so, wenn nicht überall Opas in dieser Funktion tätig sind." So kommentierte Oberösterreichs Diözesanbischof Maximilian Aichern in einer Pressekonferenz am Dienstag humorvoll seinen überraschenden Rücktritt. Der Entschluss, mit 73 Jahren in den bischöflichen Ruhestand zu treten, sei bereits seit Langem festgestanden. "Vor rund einem Jahr habe ich dann in Rom mein Rücktrittsgesuch deponiert am vergangenen Freitag gab Papst Benedikt XVI. diesem statt", sagt Aichern. Die Entscheidung zum Rücktritt sei "durch und durch freiwillig und in vorheriger Absprache mit Kardinal Christoph Schönborn passiert", beteuert der Sozialbischof.

"Entmachtung"

Eine Freiwilligkeit, die Kircheninsider in Oberösterreich zweifeln lässt. "Der Rücktritt ist eine glatte Entmachtung und ein Sieg der Fundamentalisten rund um den ,Linzer Priesterkreis‘ und die ,Jugend für das Leben‘, die Aichern mit Verdrehungen von Tatsachen, Halbwahrheiten und ständigen Verleumdungen in Rom arg zugesetzt haben. Und die bei Schönborn und Ratzinger immer offene Ohren gefunden haben", schätzt ein enger Aichern-Vertrauter, der namentlich ungenannt bleiben will, im Gespräch mit dem STANDARD.

Jugend für das Leben sagte dem STANDARD, die Vorwürfe seien "völlig aus der Luft gegriffen".

Durchaus eigenartig sei auch die Tatsache, dass Bischof Aichern bereits mit 73 Jahren aus Altersgründen um seinen Rücktritt ansuchte, obwohl dies laut Kirchenrecht erst ab dem 75. Lebensjahr möglich sei. Aichern dazu: "Mit 75 muss ich, mit 73 darf ich ansuchen." Rom hätte ihn auch "in keinem Moment" zum Rücktritt aufgefordert und er hätte sich auch nicht der Kritik konservativer Kirchenkreise gebeugt – "da hätte ich schon viel früher gehen müssen".

Der gebürtige Wiener und gelernte Fleischhauer wurde am 17. Jänner 1982 durch Kardinal Franz König zum Diözesanbischof von Linz geweiht. Kennzeichnend für den "Regierungsstil" des Benediktiners war unter anderem, dass er in nur zehn Jahren nach seinem Amtsantritt alle 485 Pfarren der Diözese offiziell als Bischof besuchte – zumeist im privaten Kleinwagen.

Aichern, unter dessen Federführung die Bischöfe den 1990 erschienen "Sozialhirtenbrief" ausarbeiteten, erfreute sich ob seines liberalen Kurses stets großer Beliebtheit beim oberösterreichischen Kirchenvolk. Auf stete Ablehnung stieß der tolerante Weg Aicherns hingegen in konservativen Kirchenkreisen, die ihn auch in Rom wiederholt anzeigten. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 19.5.2005)