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Als 20- bis 40-Jährige wird einer ja kaum Ruhe gegönnt. Ist es nicht die Arbeit, in der frau zuwenig schnell weiterkommt, beschwert sich der Staat, dass die Reproduktionspflichten nicht angemessen vorangetrieben werden. Wir sind Mangelwesen an Erfolg, stabilen Beziehungen und ... Kindern!

Aber wie nur zu diesem letzten Punkt, diesem staatstragenden Detail, diesem Quell ewiger Freude, dem Kind vordringen? Wo doch kaum mehr..., und die Scheidungsrate ..., und dann noch die Situation am Arbeitsmarkt ... Mensch muss nicht einmal Prinzipien haben, um kinderlos zu bleiben.

Familie im Herzen

Mutlos wollen wir uns jetzt aber nicht unserem Schicksal ergeben. Es gibt schließlich Menschen, die sich Gedanken machen, denen die Familie noch am Herzen liegt. Angesichts der grassierenden Selbstverwirklichung und dem Fluch der Individualisierung lohnt es sich, meinungsbildende Säulen in Österreich anzurufen: PolitikerInnen, Klerus und die Kronen-Zeitung.

In letzterer wurde der "Tag der Familie" am 15. Mai begangen, wie es sich angesichts der Geburtenstatistik gehört. "Glamour-Faktor Baby", "Papa macht alles falsch", ein 11-Jähriger im Interview, Erziehungstipps, und, und, und. Welche zweifelt, ob die eigene Beziehung überhaupt so stark ist, dieses kollektive Glück zu (er)tragen, der wird auch geholfen: Promi-Psychiaterin Gerti Senger hält in derselben Ausgabe ein Plädoyer für die "Vernunftehe".

Ja, die Vernunftehe. Sie entspricht ja viel mehr der ungebrochenen Sehnsucht nach der "einen großen Beziehung" in unserer Gesellschaft. Insofern lohnt sich auch ein Blick nach Indien: Dort würden die von den Eltern arrangierten Ehen nach fünf Jahren eine überzeugendere und stärker empfundenere Liebe ermöglichen als in sogenannten "Liebesheiraten", weiß Senger.

Chefsache Liebe

Eine Emanze, die böses denkt. Wäre es denn keine Erleichterung, wenn die Liebe wieder zur Chefsache würde? Niemand kann doch ernsthaft die Vernunft-Begabtheit der eigenen Eltern in Frage stellen. Außerdem gibt es nur in wenigen Familien Probleme mit der Rolle des autoritären Familienoberhauptes, oder Generationenkonflikte im Allgemeinen. Da wir nur mehr standesgemäß verkehren würden, bliebe uns auch die mühsame Analyse gesellschaftlicher Ungleichheit erspart – weg mit dem unvernünftigen Zeug! Unsere Liebe steigt danach nur umso "überzeugender" empor.

Besonders vorbildlich muss zum Schluss noch hervorgehoben werden, dass die Kronen-Zeitung nicht nur mit Gedanken experimentiert. Wer Lust auf das archaische Sozialexperiment bekommen hat, kann sich sogleich beim Radio-Sender "Krone Hit" bewerben. Dort werden derzeit TeilnehmerInnen für die erste medien-arrangierte "Ehe unter Fremden" gesucht. Einen gesegneten Vernunft-Ehe-Tag wünscht freu.