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STANDARD: Ist die Mundart eine Erweiterung der Hochsprache?

Nöst: Sie ist eine Erweiterung und Vertiefung, aber dennoch oft begrenzter als die Hochsprache. Der Dialekt erfüllt einen Zweck: Er ist direkt, präzise und dramatischer.

STANDARD: Vermittelt Ihnen die Sprache Heimatgefühl?

Nöst: Heimat bedeutet für mich ein vertrautes Bezugssystem, wo der Dialekt dazu gehört. Die Mundart ist ein Weg für mich, einen völlig neuen Bezug zu den Leuten in meiner Heimat herzustellen.

STANDARD: Ist Dialekt etwas Traditionelles?

Nöst: Ja, sicher. Es wird in Litaneien mit ihm gearbeitet - dort ist er ganz normal. Ich denke, in Wien sind die Leute wesentlich entspannter als im ländlichen Raum.

STANDARD: Lässt der Dialekt der Literatur mehr Sprachspiel?

Nöst: Das ist denkbar. Bei elementaren Themen ist der Dialekt nahe liegend. Aber Themen, die mir eine neue Sicht abverlangen, bearbeite ich auf Hochdeutsch. Ich schreibe, und zufällig auch im Dialekt.

STANDARD: Sind die vielen verschiedenen Dialekte durch die Vereinheitlichung der Mediensprache bedroht?

Nöst: Ja, Wörter die früher selbstverständlich waren, verwendet man heute nicht. Die jüngere Generation kennt unzählige Wörter nicht mehr. Das hat auch mit den veränderten Lebensumständen zu tun und führt zu einer Sprachverallgemeinerung.

STANDARD: Denken Sie, dass die Mundart bedroht ist?

Nöst: Sie wird zwar schwächer, aber ich weiß nicht, ob ich das bedauern soll. Ich sehe mein Schreiben im Dialekt nicht als ein "Bewahrenwollen", es ist vielmehr ein Festhalten des Moments. Die Sprache entwickelt sich eben mit der Zeit.

STANDARD: Führt der Dialekt zu Sprachbarrieren in Österreich?

Nöst: Vielleicht, aber die sind kein zentrales Problem, sondern Teil unseres Lebens. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.05.2005)