Das US-Magazin "Newsweek" hat sich bei seinem Bericht über eine Koran-Entweihung im US-Gefangenenlager Guantanamo nach eigenen Angaben geirrt. Das schreibt das Magazin in seiner neuen Ausgabe und entschuldigt sich zugleich bei den Opfern der gewaltsamen Protesten, die der Bericht vor allem in Afghanistan ausgelöst hatte.

Der Bericht hatte weltweit vor allem unter Moslems Empörung ausgelöst; in Afghanistan kam es zu gewaltsamen Protesten, bei denen 16 Menschen starben und mehr als 100 verletzt wurden. Auch in Pakistan, Indonesien und im Gaza-Streifen waren Menschen auf die Straße gegangen. Ägypten, Saudi-Arabien, Bangladesch, Malaysia und die Arabische Liga verurteilten eine Entweihung des Korans.

"Bei einem Teil unserer Geschichte getäuscht"

Das Magazin sei in seinem Bericht ungenau gewesen, wonach US-Ermittler bestätigt hätten, dass in dem Gefängnis auf Kuba der Koran die Toilette heruntergespült worden sei, erklärte "Newsweek"-Herausgeber Mark Whitaker am Sonntag. "Wir bedauern, dass wir uns bei einem Teil unserer Geschichte getäuscht haben", schrieb Whitaker. Moslems in Pakistan und Afghanistan reagierten zurückhaltend. Sie warfen den USA vor, das Magazin zum Rückzug des Artikels gedrängt zu haben.

Das Magazin berichtet nun, die Informationen für den Bericht seien von einer "gut unterrichteten Regierungsquelle" gekommen, die "Newsweek" unter Hinweis auf einen Militärbericht gesagt habe, dass Vernehmungsbeamte den Koran in Guantanamo Bay auf Kuba auf Toiletten ausgelegt und mindestens ein Exemplar heruntergespült hätten. Damit hätten Gefangene zum Reden gebracht werden sollen. Der Informant habe dem Magazin später gesagt, er könne sich nicht mehr sicher sein, dass in dem zitierten Militärbericht von dem Vorfall die Rede gewesen sei. Vielleicht habe er stattdessen davon in anderen Ermittlungsdokumenten oder Entwürfen gelesen.

Whitaker sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er wisse nicht, ob sich der berichtete Koran-Vorfall auf der Toilette überhaupt jemals ereignet habe. "Ob so etwas jemals passierte, wir wissen es einfach nicht", sagte er. "Wir sagen nicht, es ist auf jeden Fall passiert, aber wir können auch nicht sagen, dass es auf keinen Fall passierte."

Ein moslemischer Geistlicher, der den USA zusammen mit anderen am Sonntag die Ausrufung eines Heiligen Krieges angedroht hatte, bekräftigte die Drohung. "Wir werden uns davon nicht täuschen lassen", sagte Mullah Sadullah Abu Aman Reuters in Nordafghanistan. "Dies ist eine Entscheidung Amerikas, sich selbst zu retten. Sie kommt angesichts amerikanischen Drucks. Selbst ein gewöhnlicher, analphabetischer Bauer versteht das und wird es nicht akzeptieren", sagte er. Die Gruppe um ihn hatte die USA aufgefordert, die US-Ermittler auszuliefern, die dem Bericht zufolge den Koran entweihten. Andernfalls wollte sie zum Heiligen Krieg gegen die USA aufrufen.

Auch andere Afghanen reagierten mit Skepsis. "Es ist nicht akzeptabel, dass das Magazin jetzt sagt, es hat einen Fehler gemacht", sagte ein 42-jähriger Journalist aus Jalalabad im Osten des Landes. "Keiner wird es akzeptieren." Auch ein Sprecher der radikal-islamischen Taliban sah die USA als Drahtzieher hinter dem Rückzug.

Ein US-Militärsprecher in Kabul wies die Vorwürfe jedoch zurück. Auf "Newsweek" sei keinerlei Druck von Seiten der USA ausgeübt worden. "Jede Missachtung des Korans sowie von Religionen wird von unserer Kultur und unseren Werten nicht toleriert", sagte er. Das US-Verteidigungsministerium hatte den Bericht bereits zuvor als falsch zurückgewiesen. Vorwürfe ähnlicher Art seien bereits untersucht und als "nicht glaubwürdig" eingestuft worden. (APA/Reuters)