Wien/Karlsruhe - Der deutsche Energieversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW), hinter der mehrheitlich die Electricite de France (EdF) steht, strebt bei Niederösterreichs Versorger EVN noch heuer die Sperrminorität an. EnBW werde bis Ende des Jahres 2005 ihre Aktienanteile an der EVN AG auf über 25 Prozent erhöhen, erklärte das Karlsruher Unternehmen Freitagmittag in einer Ad-hoc-Aussendung.

Vor der beabsichtigten Anteilserhöhung stehe noch die kartellrechtliche Prüfung durch das österreichische Kartellgericht, eine entsprechende Kartellanmeldung durch die EnBW erfolge zeitnah, hieß es weiter. Bereits seit Jänner 2002 ist EnBW Aktionär der EVN, seit Juli 2003 hält sie mehr als 10 Prozent der EVN-Aktien. 51 Prozent des NÖ. Versorger gehören dem Land Niederösterreich.

EVN: "Keine Einflussmöglichkeit"

In einer ersten Stellungnahme der EVN hieß es, die Verschiebung der Aktionärsverhältnisse habe keinerlei Einfluss auf die strategischen Zielsetzungen des niederösterreichischen Energieversorgers. Man habe keinen Einfluss darauf, wer Aktien des Unternehmens hält oder erwirbt. Die spezifische Ausformung der EVN-Satzung gebe auch einem Aktionär mit mehr als 25 Prozent keine Chance, auf die Strategie des Unternehmens Einfluss zu nehmen. Die Satzung selbst könne mit Ausnahme zwingender gesetzlicher Normen auch mit einfacher Mehrheit geändert werden. Erst über 33,3 Prozent könne im Falle der Neuwahl auf Grund gesetzlicher Bestimmungen ein Sitz im Aufsichtsrat beansprucht werden.

Hingewiesen wird von der EVN auch darauf, dass die geplante EnBW-Beteiligung erst durch den Verkauf eines großes EVN-Aktienpaketes durch die Verbundgesellschaft ermöglicht wurde. Die steirische EStAG hatte Anfang 2003 vom Verbund ein rund 13-prozentiges EVN-Paket gekauft und ihren Anteil damit auf 20 Prozent aufgestockt. Bis Jahresende wurde die Beteiligung an der EVN wieder auf unter fünf Prozent heruntergeschraubt.

"Großes Interesse am österreichischen Strommarkt"

Die Entwicklung beweise, dass ausländische Konzerne großes Interesse am österreichischen Strommarkt hätten, so die EVN weiter. Umso wichtiger sei daher zur Verhinderung eines Ausverkaufs die rasche Umsetzung der Österreichischen Stromlösung (ÖSL).

Die EnBW sehe ihr Engagement als Commitment zur EVN und zur Fortsetzung der Partnerschaft mit dem Land Niederösterreich als Hauptaktionär, heißt es in einer Pressemitteilung des deutschen Energieriesen. Die EVN werde von der EnBW als wichtiger Akteur in der österreichischen Energiewirtschaft gesehen, "auch im Hinblick auf Neuordnungen derselben".

Aktionär seit Jänner 2002

Die EnBW ist seit Jänner 2002 Aktionär der EVN und hat offiziell im Juli 2003 gemeldet, mit mehr als 10 Prozent beteiligt zu sein. Über einen höheren Anteil war immer wieder spekuliert worden, dem Vernehmen nach liegt er derzeit bei 13 Prozent.

Philosophie und Kerngeschäftsfelder der beiden Unternehmen ergänzten sich sinnvoll, so ein EnBW-Sprecher zur APA. Wichtig sei das Partnerschaftsverhältnis mit dem Unternehmen und dem Land. Gemeinsam könnte man auch die Geschäftsfelder Strom und Gas im alpinen und südosteuropäischen Raum weiter entwickeln.

EdF hält 45 Prozent an EnBW

Die EnBW war in Österreich bis Ende des Vorjahres an der Verbundgesellschaft beteiligt und außerdem mit einer eigenen Niederlassung vertreten. Ihr 6,33-prozentiges Aktienpaket am Verbund hat der offiziell zu rund 45 Prozent im Eigentum der französischen EdF stehende deutsche Stromriese in einer Blitzauktion Ende November 2004 um rund 280 Mio. Euro verkauft. Ingesamt wechselten 1,95 Mio. Verbund-Aktien um 144 Euro je Stück ihren Besitzer. Die Vertriebsniederlassung wurde per Jahresende geschlossen. Einen Teil der Großkundenverträge hat die steirische EStAG erworben, an der die EdF eine Sperrminorität hält.

Die EnWB erzielte 2004 mit rund 17.700 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 10 Mrd. Euro. Die EVN setzte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2003/2004 mit rund 2.600 Mitarbeitern 1,2 Mrd. Euro um.

Die EnBW steht zu je 45,01 Prozent im Eigentum der EdF sowie dem kommunalen Zweckverband OEW (Oberschwäbische Elektrizitätswerke). 5 Prozent halten kommunale Verbände, je 2,4 Prozent sind Streubesitz und eigene Aktien. (APA)