Wien - Mit rund fünf Jahren Verspätung ist Donnerstag Abend im Nationalrat die EU-Biopatent-Richtlinie umgesetzt worden. Zustimmung kam nur von der Koalition. Das Regelwerk war und ist nicht nur in Österreich umstritten, Stein des Anstoßes ist vor allem die Ermöglichung von Patenten auf Leben. Befürworter betonen dagegen, dass nun endlich erhebliche Grauberereiche bezüglich der Patentierung von biologischen Materialien - vor allem von Genen - ausgeräumt werden.

Im Nationalrat begründete SP-Umweltsprecher Kai Jan Krainer die Ablehnung seiner Fraktion unter anderem damit, dass Patentierung von Leben und Genen möglich wird. Andere Länder hätten gezeigt, dass man die Richtlinie anders hätte umsetzen können. Der Grün-Abgeordnete Kurt Grünewald sieht zwar viel Positives in der Novelle, forderte aber mehr Rechtssicherheit ein. Bei der Abstimmung stimmten die fünf noch im Plenum seienden Grünen ebenso mit Nein wie die SPÖ.

VP-Wirtschaftssprecher Reinhold Mitterlehner argumentierte, die Richtlinie stelle ausdrücklich klar, dass der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung nicht patentierbar sei. Auch werde der Wirtschaftsstandort profitieren. Für den Freiheitlichen Herbert Haupt (B) sind die ethischen Einwände, die er selbst über Jahre gehabt habe, mit der nunmehrigen Fassung beseitigt. Staatssekretär Eduard Mainoni (B) verwies darauf, dass es bereits eine Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshofs gegeben habe und ein Vertragsverletzungsverfahren mit hohen Strafen drohe und alleine deshalb eine Rückverweisung in den Ausschuss - wie von der Opposition gewünscht - nicht möglich sei.

Der heutige Beschluss hat eine lange Vorgeschichte. Schon bis zur Verabschiedung der Biopatent-Richtlinie durch die EU war es ein breiter Weg von rund zehn Jahren. Bis zum Jahr 2000 hätte das Regelwerk, das als Richtlinie keine Rechtskraft besitzt, in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Österreich war aber bei weitem nicht als einziges Land mit der Umsetzung säumig. Auch die Großen der EU, Frankreich und Deutschland, zierten sich lange, haben die Sache aber mittlerweile umgesetzt, wenngleich mit Einschränkungen.

In Deutschland ist es etwa nicht möglich, ein Gen zu patentieren, nur weil eine von möglicherweise tausenden Funktionen eines Gens angegeben wird. Menschliche Keimzellen sind grundsätzlich nicht patentierbar. Auch für die Patentierung von Pflanzen gibt es Einschränkungen.

Im Gegensatz dazu ist die Richtlinie in Österreich nach Ansicht von Kritikern weitgehend eins zu eins umgesetzt worden. Patentiert werden kann nach dem Gesetzestext "biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, auch wenn es in der Natur schon vorhanden war; ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers ... einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist".

Die Regelung sieht aber auch Einschränkungen vor. So werden als Erfindungen nicht angesehen: " ... der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung; die bloße Entdeckung eines Bestandteils des menschlichen Körpers, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens ...".

Patente werden nicht erteilt für: "Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde", "Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen", "Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn menschlicher Lebewesen", "die Verwendung von menschlichen Embryonen", "zur Herstellung und Verwertung von hybriden Lebewesen ... von Menschen und Tieren" sowie "Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sich, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen ... zu verursachen".

Greenpeace wirft FPÖ- bzw. BZÖ-Politikern "Umfallen" vor, seien sie doch früher noch gegen die Richtlinie gewesen. Besorgt über die Umsetzung hat sich auch die katholische Kirche geäußert. Wenn man entdecktes Leben mit Erfindungen gleichsetze, werde das Leben zur Ware, was im Widerspruch zur Schöpfung stehe, sagte etwa Kardinal Christoph Schönborn. (APA)