Der Konflikt um den Abzug russischer Truppen aus Georgien ist mit der Annahme gegensätzlicher Resolutionen in der russischen Duma und im US-Senat in seine wohl entscheidende Phase getreten. Am Sonntag lief eine Frist aus, die das georgische Parlament Moskau gesetzt hatte. Sollten die Verhandlungen über die Aufgabe zweier Militärbasen aus der Sowjetzeit bis zum 15. Mai zu keinen Ergebnissen führen, so hieß es in dem zwei Monate zuvor gestellten Ultimatum, werde die georgische Regierung zu Vergeltungsmaßnahmen aufgefordert. So könnte die Bewegungsfreiheit der etwa 3000 russischen Soldaten eingeschränkt und Strom und Lebensmitteltransporte gekappt werden.

Ratschläge aus der EU und Versicherungen, die Georgiens Regierung während des Besuchs von US-Präsident George W. Bush in Tiflis erhalten haben mochte, haben den Vergeltungsdrang der Georgier allerdings gebremst. Außenministerin Salome Surabischwili hat Verhandlungen mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow beim zweitägigen Gipfel des Europarats angekündigt, der am Montag in Warschau begann.

Gestritten wird über den Zeitpunkt für das Ende des Abzugs - Lawrow sagte offenbar Jänner 2008 zu, Verteidigungsminister Sergej Iwanow korrigierte ihn -, aber auch die Höhe der Entschädigungszahlungen Georgiens an Russland. Moskau hatte erst eine halbe Milliarde Dollar gefordert und scheint sich nun mit 300 Millionen zufrieden zu geben. Die USA wollen zehn Millionen Dollar beisteuern.

Der US-Senat rief Russland in einer Resolution am 12. Mai zum Abzug aus Georgien auf; die Duma drohte Georgien am 13. Mai mit "stärkeren Gegenmaßnahmen" , sollte Tiflis versuchen, Sanktionen gegen die russischen Soldaten zu ergreifen. Westliche Diplomaten beschreiben Georgiens Politik gegenüber Moskau als unüberlegt. "Sie haben verlernt, mit den Russen zu verhandeln", heißt es inzwischen. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.5.2005)