London - Die globale Erwärmung vertreibt zahlreiche Fischarten in der Nordsee aus ihren Heimatgewässern. Das hat eine Studie der britischen Universität von East Anglia ergeben, die am Donnerstag vorab online vom US-Fachjournal "Science" veröffentlicht wurde.

Nach den Ergebnissen sind 18 Arten im Laufe der vergangenen 25 Jahre teils mehr als 100 Kilometer in Richtung Norden "ausgewandert", 21 Arten verlegten parallel zum Anstieg der Meerestemperatur ihre Laichplätze. Den Angaben zufolge ist die Temperatur der Nordsee in diesem Zeitraum um ein Grad Celsius gestiegen.

Neue Arten rücken von Süden nach

Das Zentrum der Kabeljau-Population etwa, eine ohnehin durch Überfischung bedrohte Art, habe sich 117 Kilometer in Richtung arktischer Gewässer bewegt, hieß es. Und die Südgrenze des Schellfisch-Lebensraums habe sich um 105 Kilometer nach Norden verschoben. Zugleich seien Fischarten, die eigentlich in wärmeren Gewässern leben, in die Nordsee vorgedrungen. Während der untersuchten Periode habe etwa der Franzoschendorsch (Trisopterus luscus) seinen Lebensraum um 342 Kilometer nach Norden ausgedehnt.

Die Forscher analysierten die geographischen Veränderungen der Populationen von 36 in der Nordsee vorkommenden Fischarten. Der Untersuchung lagen langfristige Fischereidaten zu Grunde, die mit Veränderungen der Meerestemperatur, allgemeinen Klimamodellen und dem Einfluss des Golfstroms abgeglichen wurden.

Fischereibeschränkungen weiter zu verschärfen

Die Studie legt die Befürchtung nahe, dass die ohnehin angegriffenen Fischbestände in der Nordsee durch die Klimaerwärmung weiter gefährdet werden und deshalb die bereits bestehenden Fischereibeschränkungen weiter verschärft werden müssen. Nach den Erkenntnissen reagieren Fische deutlicher als auf dem Lande lebenden Lebewesen wie etwa Vögel oder alpine Pflanzen auf einen Anstieg der Temperaturen.

Die Wissenschafter kamen durch Hochrechnungen zu dem Schluss, dass Fische wie der Blaue Wittling oder der Goldbarsch bis zum Jahr 2050 gar nicht mehr in der Nordsee vorkommen werden. Die Forscher fanden auch heraus, dass Fischarten mit schnellen Lebenszyklen und geringer Körpergröße eher auf kontinuierliche Temperaturveränderungen reagieren als große. Letztere, die auch stärker von der Überfischung betroffen seien, könnten sich vermutlich schlechter an die Erwärmung anpassen. (APA/dpa)