Paris - Anhänger und Gegner der EU-Verfassung in Frankreich liegen den jüngsten Umfragen zufolge nahezu gleichauf. Laut einer CSA-Erhebung für die Zeitung "Le Parisien" (Dienstagausgabe) wollen 51 Prozent der Befragten für das Vertragswerk stimmen, 49 Prozent dagegen. Das Meinungsforschungsinstitut TNS-Sofres sieht das "Ja"-Lager bei 52 und das "Nein"-Lager bei 48 Prozent. Nach einer im "Figaro" veröffentlichten Ipsos-Umfrage halten sich Befürworter und Gegner der Verfassung mit jeweils 50 Prozent genau die Waage.

14 Prozent unentschlossen

Das Verhältnis des "Ja"- und des "Nein"-Lagers blieb in den jüngsten Umfragen von CSA und TNS-Sofres im Vergleich zu den vorangegangenen Befragungen dieser Institute von Ende April unverändert. Bei Ipsos dagegen legten die Verfassungsgegner um drei Prozentpunkte zu. Von den Befragten, die auf jeden Fall abstimmen wollen, gaben 14 Prozent laut Ipsos an, noch nicht festgelegt zu sein. 66 Prozent bezeichneten ihre Entscheidung knapp drei Wochen vor dem Referendum dagegen als endgültig.

Der Präsident des Europaparlaments, Josep Borrell, trat der Behauptung entgegen, das Vertragswerk sehe eine "automatische Nachverhandlung" beim Scheitern der Volksabstimmung vor. Vorgesehen sei vielmehr, dass der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs über das weitere Vorgehen beraten müsse, wenn sich am Schluss des Verfahrens fünf Länder gegen eine Ratifizierung entschieden hätten, sagte Borrell dem Nachrichtensender LCI. Eine Neuverhandlung sei aber nur mit einem einstimmigen Beschluss möglich. Eine solche Einstimmigkeit zu erzielen sei aber offenbar nicht realistisch, sagte Borrell.

Frankreich gespalten

Frankreich werde nach der Volksabstimmung in zwei Teile gespalten sein, sagte Ex-Innenminister Charles Pasqua. Es sei ein "echtes Problem", dass 90 Prozent der Parlamentarier für das Vertragswerk seien, aber nur 50 Prozent der Bevölkerung. Pasqua, einer der prominenten Gegner der Verfassung, hält jedoch einen knappen Sieg des "Ja" für wahrscheinlich.

Der konservative niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende äußerte unterdessen die Sorge, ein "Nein" seiner Landsleute bei der Volksabstimmung am 1. Juni könne den "internationalen Ruf" der Niederlande gefährden. Mit einer Ablehnung würden die Niederländer "nichts gewinnen", sagte Balkenende dem Rundfunksender RTL. Der Ausgang der Abstimmung in den Niederlanden ist für die Ratifizierung - anders als in Frankreich - nicht entscheidend. Vielmehr hat das Parlament in Den Haag das letzte Wort. Allerdings hatten die großen niederländischen Parteien angekündigt, das Referendum zum Maßstab zu nehmen, wenn die Beteiligung über 30 Prozent liege. (APA)