Für den Architekten Peter Eisenman ist das Denkmal für die ermordeten Juden in Deutschland ein Auftragswerk. Für Lea Rosh aber bedeutet es unendlich viel mehr.

Zwar hatte die Berliner Journalistin nicht selber die Idee. Die kam von dem Historiker Eberhard Jäckel, der Rosh während eines Besuchs der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem vor 17 Jahren die Frage stellte: "Warum haben wir eigentlich in Deutschland kein zentrales Mahnmal für die ermordeten Juden Europas?" Zwischen dieser Einflüsterung und der Realisierung, die heute in Berlin feierlich begangen wird, liegt ein langer, hürdenreicher Weg, auf dem das Mahnmal für Lea Rosh von einer "Obsession" (Rafael Seligmann) zum "Lebenswerk" (Lea Rosh) wurde.

Sie hat sich nicht nur beliebt gemacht in diesen Jahren. Ein Stadtmagazin kürte sie zur "peinlichsten Berlinerin" als "führende Kraft der einheimischen Bewältigungsbranche", und auch freundliche Geister warfen ihr Überidentifikation mit einer Sache vor, die von Geburt wegen im strengen Sinn nicht die ihre ist: Edith "Lea" Rosh, geboren 1936 in Berlin, wurde protestantisch erzogen. Der Großvater mütterlicherseits, ein Hofopernsänger, war jüdisch.

Doch einen Anti-Ariernachweis will Rosh gar nicht. "Ich fühle mich außerordentlich zu den Juden hingezogen", bekannte sie der Süddeutschen Zeitung. Das reicht ihr. Deswegen ist der Tod für sie ein für alle Mal ein "Meister aus Deutschland" - zuerst in einem Dokumentarfilm für das Fernsehen, nun manifestiert in den Stelen, vor denen sie sich gern fotografieren lässt.

Mit unverhohlener Genugtuung steht sie dann auf der anderen Seite eines Betriebes, in dem sie selbst nach dem Studium der Geschichte, Soziologie und Publizistik ihre Karriere fand: Lea Rosh arbeitete seit 1961 in den Medien, zuerst beim Rundfunk, bald aber auch beim Fernsehen.

1979 moderierte sie als erste Frau ein politisches Magazin: Für die ZDF-Sendung "Kennzeichen D" recherchierte sie immer wieder über Themen der Zeitgeschichte. Auch als Talkmoderatorin wurde sie prominent. Daneben fand sie ihre Themen in der deutschen Schuld, trat in Erscheinung, "wo etwas nach Betroffenheit riecht" (Harald Schmidt).

Bei der Propagierung ihrer Ziele fand Lea Rosh nicht immer den richtigen Ton: Auf einem Plakat, mit dem um Spenden für das Mahnmal geworben werden sollte, spielte sie provokant mit der Leugnung des Holocaust. "Lea kann ohne Stress nicht leben", sagt ihr Ehemann, ein Architekt, mit dem sie in Berlin-Grunewald lebt. Bei der Eröffnung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas Dienstagnachmittag in Berlin wird sie eine Rede halten - und dabei wieder jene erhöhte Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aus der sich die Energie von Lea Rosh speist. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.5.2005)