Innsbruck/Boston - Erfolg für die Tiroler Wissenschafterin Dr. Nicole Kaneider und ihre Arbeitsgruppe in den USA: Die Expertin, die erst vor kurzem für eine immunologische Studie im Zusammenhang mit Alzheimer Demenz mit dem Sanofi-Aventis-Preis für medizinische Forschung an der Medizinuniversität Innsbruck ausgezeichnet worden ist, hat in einem Team an der Tufts-Universität in Boston eine neue Strategie gegen die tödliche Sepsis entwickelt. Die Studie wird in der Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlicht.

"Wir beschreiben einen neuen therapeutischen Ansatzpunkt für die Behandlung der tödlichen Sepsis durch die Verwendung von Lipopeptiden, die wir Pepducine genannt haben und die in Zellen entweder einzelne oder mehrere Rezeptoren für Immunbotenstoffe (Chemokine, Anm.) anpeilen", schrieb die Wissenschafterin in der Studie.

"Pepducine"

Im Labor von Athan Kuliopulos am Institut für Molekulare Onkologie des New England Medical Center der Tufts Universität werden seit längerem Forschungsarbeiten über Pepducine durchgeführt. Es handelt sich dabei um Substanzen, welche die Weitergabe von Signalen an den Zellkern blockieren. Reize treffen an Zellen an der Außenhaut auf. Dort werden Rezeptoren aktiviert. Reichen durch die Membran. Von der Innenseite der Zellmembran wird das Signal dann weiter in Richtung Zellkern geleitet. Die Pepducine sollen die Anteile der Rezeptoren an der Innenwand der Zellen blockieren.

Die Wissenschafter entwickelten jedenfalls Pepducine, welche die Wirkung des Immunbotenstoffs Interleukin-8 hemmen sollen. IL-8 wirkt auf die Obeflächenrezeptoren CXCR1 und CXCR2 und spielt durch das Ankurbeln einer überschießenden Entzündungsreaktion im ganzen Körper bei einer Blutvergiftung (Sepsis) eine entscheidende Rolle. Am Ende steht oft der septische Schock mit der akuten Aktivierung des Blutgerinnungssystems und das Multi-Organ-Versagen.

Überreaktion verhindert

Die Expertin: "In der Vergangenheit sind klinische Studien mit der kompletten Immunsuppression zur Verhinderung dieser systemischen Entzündungsreaktion ohne positive Effekte geblieben und fehlgeschlagen. Die Pepducine unterücken die Abwehrkräfte nicht, sie hindern vielmehr die weißen Blutkörperchen an einer Überreaktion und somit daran, mehr Schaden als Nutzen anzurichten. Eine selektive Hemmung des IL-8-Rezeptors könnte aber trotzdem noch eine körpereigene Immunreaktion gegen die eingedrungenen Keime zulassen."

Die Wissenschafter testeten den Effekt an Labormäusen bei durch Bakterien hevorgerufener Sepsis. Dabei stellte sich eine fast 100-prozentige Schutzwirkung bei den Tieren heraus. Es kam auch nicht zu den bei Sepsis typischen Blutungs- bzw. Thrombose-Erscheinungen. Die Pepducine, die auch schon an Krebs- und Blutungsmodellen getestet wurden, wirkten sogar noch, wenn man einige Zeit mit der Behandlung der Tiere zuwartete.(APA)