Wien - Die Grünen sind nach ersten Rückfragen bei Verfassungsrechtlern der Ansicht, dass mit der zwischen ÖVP und SPÖ vereinbarten Kompromissformel betreffend das differenzierte Schulsystem die Einführung einer gemeinsamen Schule nur schwer möglich sein dürfte. Es sei also zu befürchten, dass sich die SPÖ bei den gestrigen Verhandlungen über den Tisch ziehen hat lassen, erklärte der Grüne Bildungssprecher, Dieter Brosz am Donnerstag in einer Aussendung.

Die Interpretation der SPÖ, dass damit die Einführung der gemeinsamen Schule möglich sei, stehe auf tönernen Füssen. "Unter diesen Voraussetzungen sollte es sich die SPÖ gut überlegen, ob sie diesem Kompromiss nächste Woche im Parlament wirklich zustimmen will. Damit würde sie völlig von ihrer bisherigen Linie abweichen, wonach die Schulstruktur nicht in der Verfassung festgeschrieben werden soll", so Brosz, der auch die ÖVP kritisiert, weil deren beim Reformdialog im Februar gegebene Zusage, auf Blockademöglichkeiten zu verzichten, nicht einmal drei Monate gehalten habe.

Strache: Kein "großer Wurf"

Dagegen sieht der Bundesobmann der FPÖ, Heinz-Christian Strache, in der "schwammigen Formulierung" über die Differenzierung "nichts anderes als die politische Hintertüre um schlussendlich doch noch die Gesamtschule nach sozialistischem Muster zu etablieren". Die Schulreform sei kein "großer Wurf", positiv sei deshalb die Gegenstimme der freiheitlichen Abgeordneten Barbara Rosenkranz zur "ausgepackelten" Schulreform von ÖVP, SPÖ und BZÖ im Ausschuss gewesen.

Für die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl sind auf Grund des erfolgreichen Agierens der SPÖ alle Vorschläge der Zukunftskommission im Schulwesen umsetzbar und der Weg frei für Reformen frei. "Unseren Kindern können jetzt moderne Unterrichtsformen und individuelle Förderung geboten werden, soferne der Gesetzgeber diesen Weg einschlagen will, da für den Beschluss im Nationalrat für die meisten Bereiche nur noch eine einfache Mehrheit notwendig ist", so Brandsteidl. (APA)