Kematen an der Krems - Die Situation war zu verfahren. Die oberösterreichische Landesregierung muss kommenden Montag die Auflösung des Gemeinderates in Kematen a. d. Krems beschließen. Neuwahlen sind im September geplant. Seit die SPÖ-Politikerin Gisela Peutlberger-Naderer in der 2250-Einwohner-Gemeinde Bürgermeisterin ist, gibt es Ärger - mit der Volkspartei.

In der jüngsten Gemeinderatssitzung kam es zum Eklat, die ÖVP-Mandatare legten geschlossen ihre Funktionen zurück, ebenso die der FPÖ. Von "Vertrauensverlust" und "bewusst Unwahrheiten verbreiten" war die Rede. FPÖ-Obmann Franz Graf konnte dieses Verhalten der Bürgermeisterin nicht mehr "tragen". Die ÖVP macht schon lange gegen die Bürgermeisterin mobil.

"Eigentlich seit Amtsantritt", wie Peutlberger-Naderer meint. Ihrer Ansicht nach haben die Schwarzen, die bisher den Bürgermeister stellten, den Führungswechsel "nicht verkraftet". Bei der Direktwahl im Herbst 2003 setzte sich die Sozialdemokratin gegen den ÖVP-Kandidaten durch, im Gemeinderat schafften die Roten jedoch nicht die Absolute. So konnte die ÖVP-FPÖ-Mehrheit jetzt die Bürgermeisterin um ihr Amt bringen.

"Ihr Schicksal hängt mit dem des Gemeinderates zusammen", erklärt der für Gemeinden zuständige ÖVP-Landesrat Josef Stockinger. Gibt es diesen nicht mehr, wird auch die Bürgermeisterstelle vakant. Dieser Fall tritt nächste Woche mit besagtem Regierungsbeschluss ein. Binnen sechs Wochen hat das Land Neuwahlen auszurufen, die voraussichtlich im September stattfinden werden.

Ob Peutlberger-Naderer nochmals zur Wahl antritt, will sie derzeit nicht beantworten. FPler Graf rüstet sich bereits für die Neuwahlen. Er will eine Bürgerliste aufstellen. Denn die internen Querelen seiner Partie würden ihm keine Alternative lassen. Weder den Bundes-Freiheitlichen noch dem BZÖ fühle er sich zugehörig, auch nicht der abgespaltenen Landesgruppe FP OÖ. Deshalb wolle er Gleichgesinnte suchen, die auf einer eignen Liste, mit ihm an der Spitze, zur Wahl antreten.

Es ist das erste Mal, dass in einer Gemeinde wegen unüberwindbarer Differenzen vorzeitig gewählt werden muss. Peutlberger-Naderer geht davon aus, dass Kematen nicht der einzige Ort bleiben wird. "Das Beispiel wird Schule machen", fürchtet sie. In 34 von 445 oberösterreichischen Gemeinden regieren derzeit Bürgermeister, deren Partei im Gemeinderat nicht die absolute Mehrheit hat. (ker/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 03.05.2005)