Anakin Skywalker liebt die Technologie,

keine Frage. Bisweilen aber rückt sie ihm doch zu sehr auf den Leib. Wie ein Insekt auf der Zunge eines gigantischen Froschs klebt Anakin auf einem Fließband, wird hineingezogen in den Schlund einer Fabrik, hin zu gewaltigen Zähnen, die ihn zu zermalmen drohen. Währenddessen liegt seine Angebetete hilflos in einen großen Trog, bald schon wird sie mit heißem Eisen verrührt. Zu Technikfeindlichkeit besteht trotz dieser beiden wenig erfreulichen Prognosen kein Anlass.

Foto: Lucasfilm Ltd. & TM

Denn wenn die eine Maschine

die Menschen in Gefahr bringt, hilft ihnen halt die andere. Der Droide R2-D2 ist mit einem feinen Sinn für Dramatik ausgestattet: Anakin, das weiß er, wird sich schon selbst helfen, und kurz bevor es für die Prinzessin richtig brenzlig wird, loggt er sich in die Fabrik ein - und sie ist gerettet.

Foto: Standard/FDZ

Bild nicht mehr verfügbar.

Wie in dieser Szene aus

"Episode II" geht es in "Star Wars" immer um die Hassliebe des Menschen zur Technik, zur gegenwärtigen und zur kommenden. Alle Sciencefiction-Streifen knipsen Bilder aus der Zukunft, 24 pro Sekunde. Meist erzeugen sie mit denen in unseren Köpfen ein Kontinuum der Katastrophe. Bei "Krieg der Sterne" hingegen fügen sich die einzelnen Fotografien zu einer frohen Botschaft, zum Evangelium nach Lucas eben. Genau darin besteht das Erfolgsgeheimnis der Folge.

Foto: REUTERS/Ray Stubblebine

Bild nicht mehr verfügbar.

Immer schon hat Sciencefiction in Literatur

und Kino die Zukunft ausgemalt, in den buntesten Farben, den verrücktesten Formen; Jahre später glichen diese Bilder dann plötzlich der Realität. Jules Verne, ein Begründer des Genres, schrieb 1865 mit seinem Roman "Von der Erde zum Mond" ein Drehbuch, das die Schauspieler der NASA dann 1969 aus- und aufführten: Start in Florida, Umrundung des Mondes (bei Verne fiel die Landung auf dem Trabanten leider aus), Wasserung im Pazifik - nur das Plüschsofa für die Astronauten strich die Weltraumbehörde. Auch George Lucas benutzte seine Kamera als Fernrohr, um in die Zukunft zu spähen. Er sah klar.

Foto: REUTERS/Ivan Alvarado

Bild nicht mehr verfügbar.

In "Episode IV" (1977) braucht

es nur ein wenig gutes Zureden, dann strahlt R2-D2 ein Hologramm von Prinzessin Leia aus: Klein, krisselig, bläulich steht sie plötzlich auf dem Boden und fleht um Hilfe. So sieht der Traum des Menschen aus, an zwei Orten gleichzeitig zu sein. Ein wenig unvollständig hat die MMS diese Vision umgesetzt - nur dass wir dort nicht in Wort und Bild vom bösen Imperator berichten, sondern nur vom Sonnenbrand auf Mallorca. Die Wissenschaft arbeitet daran, dass wir dies auch bald so plastisch können wie in "Star Wars". Forscher der Universität Tokio haben ein Hologrammtelefon entwickelt. Wer es benutzen will, stellt sich in eine Box, in der eine Kamera dann eine 360-Grad-Aufnahme des Gesichts macht. Das dreidimensionale Bild wird als Datei verschickt und kann am Ziel mit entsprechend komplizierter Technik ausgestrahlt werden.

Foto: EPA/AFP/Vince BUCCI

Bild nicht mehr verfügbar.

Nun sind Drehbuchschreiber

natürlich keine Lehrer, bei denen die Wissenschafter abends von acht bis zehn in einem Unterricht namens Zukunft gehen und ganz eifrig mitschreiben. Eher ist es so, dass Filmer und Forscher zusammen in der großen Pause Pingpong spielen; so lange schicken sie die Bälle hin und her, bis keiner mehr weiß, wer eigentlich angefangen hat. "Technische Visionen im Film, technische Visionen in der Realität und deren Umsetzung beeinflussen sich gegenseitig", sagt die Technikphilosophin Nicole Karafyllis.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Bild nicht mehr verfügbar.

Als Luke Skywalker mit seinem Lichtschwert

wilde Formen in die Luft malte, da skizzierte er die Zukunft von 1977, die heute längst Gegenwart ist. Mit dem Laser hacken die Ritter im Film nicht nur Hände und Beine ab, sie schmelzen auch Eis und schneiden Eisen, als sei es Butter. Das hat nicht nur Millionen Kinder inspiriert, sich mit Besenstielen zu verprügeln, sondern auch eine ganze Generation von Wissenschaftern beflügelt.

Foto: dpa/Lucas Film

Bild nicht mehr verfügbar.

Der Laser gilt als eine

der erfolgreichsten Innovationen der vergangenen Jahre. Die Macht ist mit dem Strahl, denn mit ihm kann man Blech verschweißen oder die Hornhaut im Auge abschleifen; die US-Armee experimentiert bereits mit Laserpistolen, die über zwei Kilometer Entfernung zwar nicht, wie im Film, den Tod bringen, wohl aber schwere Verletzungen. Und seit Kurzem gibt es sogar einen Rasenmäher, der mit dem Lichtstrahl das Gras verkürzt. Auch dank "Star Wars" ist Laser mittlerweile eine Technik für alles und Jedi.

Foto: EPA/RALPH LARMANN

Bild nicht mehr verfügbar.

Für Wissenschafter wird

der weiche Kinosessel zur Therapeutencouch, vom hellen Licht der Projektoren lassen sie sich die Seele wärmen. Zwar kommen im "Krieg der Sterne" kein Forscher vor, dennoch feiert der Film die Ergebnisse ihrer Arbeit, die Vision der modernen Technik. Aber das Kino fabriziert nicht nur Träume, es bewahrt sie auch auf. In "Krieg der Sterne" ragen die Hochhäuser von Coruscant City kilometerweit nach oben, der Himmel ist ihnen keine Grenze. Zwischen den Wolkenkratzern stapeln sich die Luftautobahnen, auf ihnen kreuzen die Raumgleiter: Wie von einer unsichtbaren Hand gelenkt tanzen sie ein Ballett zum Lob einer Zukunft ohne Unfall und Stau, ohne Feinstaub und Ozon. "Da werden die großen Visionen der Stadtplaner der Zwanziger- und Dreißigerjahre zitiert", erklärt der Architekturprofessor Hans-Georg Lippert. "Diese Visionen sind ein wenig in Vergessenheit geraten. Dank des Films könnten sie jetzt aber wieder aufblühen."

Foto: dpa/Daniel Löb

Dass auch seine Arbeit

von "Star Wars" profitiert habe, glaubt der Bremer Robotik-Experte Frank Kirchner. Lange Jahre haben Wissenschafter versucht, ihre Geschöpfe auf jede mögliche Situation hinzuprogrammieren. Aber das Leben ist kein Schachspiel, es bietet nicht nur eine große Anzahl von Zügen, sondern unendlich viele. Deshalb gingen die Forscher dazu über, intelligente Roboter zu erschaffen: Geschöpfe, die aus Fehlern lernen, die auf eine veränderte Umwelt mit einem veränderten Verhalten reagieren können. Genau das machen auch die Droiden in "Krieg der Sterne". Dabei wirken sie so sympathisch, dass Anfang der Achtzigerjahre kalifornische Arbeiter von ihren Chefs ins Kino geschickt wurden: Sie sollten lernen, keine Angst vor Robotern zu haben. Also lachten die Angestellten über R2-D2 und C-3PO; deren Kollegen nahmen ihnen dann die Arbeitsplätze weg.

Foto: Lucasfilm Ltd. & TM

Bild nicht mehr verfügbar.

Im Gegensatz zu vielen anderen Sciencefiction-Filmen

warnt "Star Wars" nicht vor der Technik, sondern wirbt für sie. Zum Problem werden die modernen Geräte nur, wenn sie einmal versagen. Han Solo rastet manchmal aus, weil er das Raumschiff nicht auf doppelte Lichtgeschwindigkeit bringt - der Zuschauer fühlt mit ihm: Man kennt das ja von daheim, wo der Videorecorder sich immer einmal wieder der Programmierung verweigert.

Foto: REUTERS/DIGITAL WORK BY ILM/Lucasfilm Ltd./Handout

Bild nicht mehr verfügbar.

Dass die Roboter die Macht übernehmen,

wie so oft in Sciencefiction, ist in "Krieg der Sterne" ausgeschlossen. Die bösen Droiden sind dafür zu dumm und zu unflexibel - in "Episode I" genügt es, den Zentralrechner lahm zu legen, schon purzeln sie wie Dominosteine übereinander. Und die Guten begnügen sich damit zu dienen. Sie sind die Vision der Dienstleistungsroboter, die uns bald auch schon in der Realität das Arbeiten völlig abnehmen könnten; füttern und pflegen würden sie uns dann, und manchmal auch mit uns spielen. Wer so gut ist, wirkt auch ein wenig langweilig. Dem Darsteller des Droiden R2-D2 wurde beim Drehen die Zeit so lang, dass er sich Playmate-Fotos in seine eiserne Hülle klebte.

Foto: REUTERS/HO-Hasbro/Ray Stubblebine

Bild nicht mehr verfügbar.

Am Ende, ganz am Ende,

ist die Technik Anakin Skywalker dann wirklich zu nahe gerückt. Er hat sich in einen Cyborg verwandelt, in eine menschliche Maschine, einen Nazi-Roboter, seine menschlichste Regung ist das Röcheln der Beatmungsmaschine. Aber selbst noch aus diesem Zukunfts-Albtraum macht George Lucas ein Rührstück. In "Episode VI" stürzt Darth Vader den bösen Imperator, lässt sich von seinem Sohn Luke die Maske abnehmen - und sterbend wird er wieder Mensch.

Foto: REUTERS/Seth Wenig

Bild nicht mehr verfügbar.

"Technologie"spricht Lucas

"ist weder gut noch böse". Es kommt also allein auf ihren richtigen Gebrauch an. Wie der aussehen könnte, das zeigen Luke Skywalker und Han Solo. Gemeinsam sitzen sie im Raumschiff an den Joysticks; von hinten lugt die Prinzessin hervor, neben ihr das etwas groß geratene Haustier Chewbacca: Sie sehen aus wie eine Kleinfamilie, versammelt zum Videospiel. Später knallt Luke ein anderes Raumschiff ab, die Explosion erleuchtet sein Gesicht, er grinst wie ein Kind, das mit Anlauf in die Sandburg springt. Technik ist gut, wenn sie Spaß macht.(Jakob Schrenk/DER STANDARD/Album)

Foto: REUTERS/HO/Lucasfilm