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Grafik: STANDARD/APA/Asfinag

Von der Zentrale in Inzersdorf regeln Mitarbeiter der Asfinag mittels Telematik künftig, wie schnell man auf den Autobahnen fahren darf.

Foto: STANDARD/Newald
In Tirol werden die ersten Autobahnstücke mittels Telematik "intelligent". Ob die erhofften positiven Effekte für Umwelt und Verkehrssicherheit auch eintreten, ist noch ungewiss.

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Wien/Innsbruck – Was Metallschilder nicht erreicht haben, sollen elektronische Anzeigetafeln schaffen: Staus und Umweltverschmutzung durch den Autoverkehr vermindern und das Unfallrisiko reduzieren. Diese positiven Effekte werden die "Verkehrsbeeinflussungsanlagen" (VBA) haben, versprachen Verkehrsminister Hubert Gorbach (BZÖ) und der Autobahnbetreiber Asfinag anlässlich der Eröffnung des ersten, rund 30 Millionen Euro teuren, Systems in Tirol.

Auf 123,5 Kilometern der A12 (Inntalautobahn zwischen Kiefersfelden und Zierl) sowie der A13 (Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Grenze) müssen sich die Autofahrer umgewöhnen. Wie schnell sie fahren dürfen, wie sie ans gewünschte Ziel kommen und welche Probleme es auf der Strecke gibt, wird ab nun auf elektronischen Überkopfanzeigen verkündet.

Steuerungszentrale in Wien-Inzersdorf

Das System und die Mitarbeiter in der Steuerungszentrale in Wien-Inzersdorf überwachen mittels Sensoren und Videokameras den Verkehrsfluss und können bei Bedarf eingreifen. Ereignet sich beispielsweise auf der Überholspur ein Unfall, kann das Tempolimit von Wien aus reduziert und die betreffende Fahrbahn gesperrt werden. Zusätzlich können automatisch Einsatzkräfte und Verkehrsfunk verständigt werden. Kommt es dennoch zum Stau, werden die Lenker auch davor gewarnt und die Wegweiser zeigen die Ausweichrouten an.

Bis zu 35 Prozent weniger Unfälle soll es dadurch geben, und auf die Autobahnen sollen rund 15 Prozent mehr Fahrzeuge passen, erhoffen sich Gorbach und Asfinag-Vorstandsdirektor Franz Lückler. Erfahrungen aus Bayern scheinen die Hoffnungen zu bestätigen: Dort gibt es seit Anfang der 90er-Jahre ähnliche Anlagen, die Unfallzahlen seien um ein Drittel gesunken, erklärt man im bayerischen Innenministerium.

Ob die "intelligenten Autobahnen" auch zu intelligenterem Fahrverhalten führen, bleibt dennoch abzuwarten. Schließlich hat die Installation einer automatischen Nebelwarnanlage auf der Westautobahn im oberösterreichischen Seengebiet wenig gefruchtet: Trotz Vorwarnung ereignete sich dort Anfang März neuerlich eine Massenkarambolage. "Wenn die Hinweise nicht eingehalten werden, wird der Effekt geringer sein", gesteht Lückler ein.

Normalbetrieb im Herbst

Für die transitgeplagten Tiroler Autobahnanrainer, die am 27. Mai neuerlich die Inntalautobahn blockieren werden, soll die VBA jedenfalls Vorteile bringen, meint Gorbach. Denn die Daten der Luftmessstationen können an das neue System gekoppelt werden, ist die Belastung zu hoch, können Tempolimits für Lkws auf den Tafeln aufscheinen. Vor zu großem Optimismus warnt der Politiker allerdings: "’Damit sind eure Verkehrsprobleme gelöst‘ werde ich nicht sagen."

Zunächst will man in Tirol die Anlage testen, im Herbst soll der Normalbetrieb beginnen. Bis 2010 werden dann alle Ballungsräume an das Telematiknetz angeschlossen sein (siehe Grafik), insgesamt werden 300 Millionen Euro investiert.

Tempo 160 ab 2010?

In fünf Jahren könnte es damit auch ernst werden mit Tempo 160, kündigte Gorbach an. Derzeit sammle eine Arbeitsgruppe die Fakten zu Pro und Kontra, im Herbst soll ein Experten-Hearing stattfinden. 2006 könnte dann der erste "Feldversuch" starten. Wo, könne er noch nicht sagen. Voraussetzung sei jedenfalls eine VBA, um je nach Verkehrs- und Witterungslage die Höchstgeschwindigkeit auf 160 Stundenkilometer anheben zu können.

Indirekte Schützenhilfe erhält Gorbachs Plan übrigens aus Dänemark. Dort wurde vor einem Jahr auf der Hälfte der Autobahnen das Tempolimit von 110 auf 130 km/h angehoben. Das Ergebnis: Die Zahl der Verkehrstoten ging um ein Viertel auf den niedrigsten Stand seit 50 Jahren zurück, die Durchschnittsgeschwindigkeiten sanken zur Überraschung der Experten sogar. (Michael Möseneder, DER STANDARD – Printausgabe, 30. April/1. Mai 2005)