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Starten ins Franz-Josef-Land: Christoph Höbenreich (links) und Robert Mühlthaler.

Foto: APA/Höbenreich

Im Packeis eingefrorene Tegetthoff, nachgebaut für eine ORF-Doku. Nun startet wieder eine Expedition unter österreichischer Führung ins Franz-Josef-Land.

Foto: ORF/Ramstorfer
Im Gedenken an Julius Payer und Carl Weyprecht, die österreichischen Entdecker des Franz-Josef-Landes im nördlichen Eismeer, bricht dieser Tage eine österreichisch-russische Expedition zur polaren Inselgruppe auf. Es geht um Abenteuer, Wissenschaft und Ökologie.

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Es ist wohl auch der Tiroler Sturheit zu verdanken: Zwölf Jahre Geduld und Hartnäckigkeit brachte der Innsbrucker Geograf und Bergführer Christoph Höbenreich auf, um nun seine Idee umsetzen zu können. Am 12. April kam die Sondergenehmigung der russischen Behörden. Sobald es die Witterung in den nächsten Tagen erlaubt, wird er mit seinem Tiroler Kollegen Robert Mühlthaler und den russischen Wissenschaftern Viktor Bojarski (Glaziologe) und Nikita Ovsjanikov (Eisbärforscher) von Moskau aufbrechen, um das im nördlichen Eismeer gelegene Franz-Josef-Land zu durchqueren.

Die Russen hatten die Inselgruppe zur Geheimhaltung militärischer Objekte seit 1920 gesperrt, lediglich zwischen 1990 und 1995 war sie für Ausländer zugänglich, wurde dann wieder abgeriegelt. Umso bedeutsamer ist es, dass nun gerade Österreich eine Sonderzutrittserlaubnis für die Payer-Weyprecht-Gedächtnisexpedition erwirkte.

Zwischen 1872 und 1874 hatte eine österreichisch-ungarische Nordpolarexpedition unter Carl Weyprecht und Julius Payer die unbewohnte Inselgruppe, die als nördlichstes Landgebiet Eurasiens etwa halb so groß wie Österreich ist, entdeckt, erforscht und zu Ehren des Kaisers Franz-Josef-Land benannt. 1874 gelang es Payer, die Inseln und Wasserstraßen mit Hundeschlitten bis an die nördlichste Spitze zu durchqueren - von der Insel Wilczek durch den Austria Sund entlang der Insel Wiener Neustadt über das Kap Tirol bis zur Rudolf Insel. Danach verließ die Mannschaft ihr im Packeis eingefrorenes Schiff, die Admiral Tegetthoff. Die entkräftete Mannschaft wurde in der Barentssee von russischen Fischern gerettet. "Wir wollen die sportliche und wissenschaftliche Leistung dieser Pioniere würdigen. Die Expedition ist eines der größten Abenteuer der Gegenwart", sagt Höbenreich dem STANDARD. Als größte Gefahren nennt er extreme äußere Bedingungen und Eisbären.

Ungewisse Route

Das unberechenbare Packeis soll die Marschroute zwischen den Inseln vorgeben. Schon 1993 hatte Höbenreich eine Expedition für die ORF-Dokumentation "Arktis Nordost" auf Franz-Josef-Land betreut. Neben dem Abenteueraspekt betont er vor allem den wissenschaftlichen. Anfang der 1990er-Jahre wollten österreichische Unis und Institute die Polarforschung aufleben lassen und gründeten die Payer-Weyprecht-Gesellschaft. Das Zutrittsverbot auf die Inselgruppe, die nur 900 Kilometer vom Nordpol entfernt liegt, durchkreuzte aber nicht nur Österreichs Absicht, dort in eine Forschungsstation zu investieren. Die weltweite Polarforschung wich auf Island und Spitzbergen aus.

"Die Expedition könnte das internationale Bewusstsein für die Bedeutung der Polarforschung heben", hofft Höbenreich. Zeitlich träfe sich dies mit dem für 2007 von Forschern ausgerufenen vierten Polarjahr - dann sollen die weltweit laufenden, meist entkoppelten Forschungsprogramme wieder aufeinander abgestimmt, koordiniert und standardisiert werden.

Schließlich geht es der von heimischen und russischen Firmen gesponserten Expedition auch um einen ökologischen Aspekt. Die Arktis reagiert als Frühwarnsystem der Erde sensibel auf klimatische Veränderungen. "Unsere Expedition ist gewissermaßen Sport für die Wissenschaft und Ökologie." Das Unternehmen kann im Internet verfolgt werden, die Teilnehmer wollen sich etwa alle drei Tage via Satellitentelefon melden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.4.2005)